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Victor Lewis – Eeeyyess! | Vom Line-Up her sieht das nach Mainstream aus: Terell Stafford (t, flh), Seamus Blake (ts, ss), Stephen Scott (p), Ed Howard (b), Victor Lewis (d, voc) und auf fünf der neun Stücke Don Alias (perc). Doch es gibt schon im groovenden Opener eine erste Irritation: Applaus zum Einstieg (es handelt sich um ein Studio-Album), und dann packt Blake sein Equipment aus, wie er es damals auch bei den Bloomdaddies genutzt hat (dazu gehört u.a. ein Wah-Wah-Pedal, um den Ton des Saxophons zu verfremden). Mit der Ballade „Vulnerability“ geht es dann klassisch weiter, gedämpfte Trompete, starkes Pianosolo von Scott – und Lewis wie erwartet mit einer wachen, variablen Begleitung (doch auch hier – mit dem Tenor – verfremdet Blake in seinem Solo seinen Ton wieder, legt eine Echo-Spur dazu). Schon in seiner Zeit bei Woody Shaw hat Lewis komponiert. Er swingt einerseits auf ungewöhnliche Art, ist zugleich aber immer tief in der Musik drin, ein „denkender“ Drummer, wenn man so will. Mitten im Album sind James Williams‘ „Alter Ego“ (der Onkel von Tony Reedus, s.o., und Jazzmessengers-Pianist) und direkt danach Stephen Scotts „No More Misunderstandings“ platziert, die anderen sieben Stücke stammen von Lewis. Sehr schön ist z.B. die Stimmung in der sehr langsamen Ballade „Buttercups“, in der die Bläser gemeinsam spielen, Blake über der Trompete zu einem kurzen Solo ansetzt. Das Material wurde im Visiones (vgl. Gust William Tsilis und Abraham Burton anderswo in dem Thread), im Sweet Basil und auf einer Tour durch Italien aufgeführt und eingeschliffen. Aufgenommen hat Joe Marciano am 21. und 22. Juli 1996 im Systems Two in Brooklyn. Die Band klingt gut, Stafford mit schlankem, schönem Ton, der manchmal eine sehr attraktive fahle Version von Freddie Hubbards Härte wirkt. Blake ist souverän, ein Alleskönner, damals schon seit mehreren Jahren der Saxophonist von Lewis. Seine elektronischen Verfremdungen setzt er recht gekonnt ein, finde ich, aber so wirklich nötig sind sie wohl doch nicht. Stephen Scott ist ein Pianist, den ich bisher nie wirklich beachtet habe – das sollte ich auch mal ändern, glaube ich … auch sein Stück hier ist toll (ein Enja-Album von ihm liegt als Beifang da und kommt auch heute noch in den Player). So richtig zündet das nicht, aber es gibt immer wieder starke Momente, vor allem in den langsamen Stücken („Vulnerability“, „Buttercups“, „No More Misunderstandings“, „Here’s to … You Babe“ mit gesprochenem Text von Lewis).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #157: Benny Golson & Curtis Fuller – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba