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Dollar Brand/Abdullah Ibrahim – Zimbabwe | Meine alte CD hiervon blieb verschollen … die 2021er-Japan-Ausgabe klingt phantastisch, die federnden Beats von Don Mumford und Essiet Okun Essiet wirken, als seien sie im Raum. Darüber spielt Ibrahim im Opener zunächst Sopransax im Chor mit der Flöte von Carlos Ward – und das Quartett klingt stellenweise fast wie eine kleine Big Band – die Ellington-Arranger’s-Touches. Das Album – @vorgarten hat es herausgestrichen – bietet neben den üblichen Originals auch ein paar Standards: vier Ibrahim-Tunes umrahmen „Guilty“ (Kahn-Akst-Whiting), „Don’t Blame Me“ (Fields-McHugh) und „It Never Entered My Mind“ (Rodgers-Hart, auf der Originalausgabe kurioserweise Cole Porter zugeschrieben). 1983 ist bei Ibrahim eine Art Übergangsjahr: neben diesem Studio-Album (Studio Bauer, Ludwigsburg, 29. Mai 1983) und dem Live-Album aus Montreux (South Africa) entsteht auch schon „Ekaya (Home)“ für das eigene Ekapa-Label, das erste Album der gleichnamigen Formation Ekaya und eins von Ibrahims allerschönsten wie ich finde. Ward, schon ein paar Jahre teil der Band und 1985 auf „Water from an Ancient Well“ (auf Enja nur ein Reissue, drum fehlt das hier im Faden bisher) auch nochmal dabei, ist 1983 eine Dauerpräsenz und ich mag seine Beiträge zu den Alben enorm gerne, auch hier. Nach dem festlichen Opener spielt Ibrahim „Guilty“ solo am Klavier – leise Monk-Echos im angedeuteten Stride. In „Bombella“ überstürzt sich der Beat fast, Ward legt am Altsax los, erst nach über einer Minute erklingt das spielerische Thema, aus dem heraus Ibrahim sein Solo entwickelt. Das Duo der beiden über „Don’t Blame Me“ ist ein grosses Highlight – Ward verdichtet immer mehr, während Ibrahim immer wieder tremolierende Akkorde drunterlegt, eine grundsätzlich altmodisch strukturierte, akkordische Begleitung sehr gekonnt auflockert und melodiös ergänzt, verdichtet. Das Titelstück ist auch auf „Südafrika“ zu hören, mich hat das Riff sofort. Essiet/Mumford steigen irgendwie versetzt ein und Ward spielt dann an der Flöte das Thema, das er immer wieder repetiert, während sich ständig die Texturen ändern: Arco-Bass, Wechsel von der Flöte zum Altsax … das ist eine Art ewiger Groove, aus dem die vier nach knapp fünfeinhalb Minuten mit einem simplen Rallentando wieder herausfallen. „It Never Entered My Mind“ ist anfangs kaum erkennbar: ein Bass-Orgelpunkt, Becken- und Glockenklänge von den Drums, ein Melodiefragment am Sopransax (das der Leader selten so ausgiebig spielt wie hier), von der Flöte sekundiert … das ganze wird als eine Art Hymne zelebriert – sicherlich eine der ungewöhnlichsten Standards-Interpretationen, die ich kenne. Auch der Closer, das zehnminütige „For Coltrane, No. 11“, kommt mit einem sich überstürzenden Beat und einem schnellen Bass-Lick daher, Ibrahim klingt am Klavier sehr beweglich, Ward spielt unisono mit ihm das Thema an der Flöte und setzt dann zum Solo an. In der Mitte ein kurzes Bass-Solo, bevor die Gruppe die letzten drei Minuten gemeinsam bestreitet – der Fokus liegt hier wirklich mehr auf dem gemeinsamen Reiten von Grooves als auf einzelnen Solo-Beiträgen und so ist das ein völlig stimmiger Ausklang für dieses Album voller hypnotischer Grooves und hymnischer Melodien. Eine Feier nicht nur der eigenen Musik sondern auch der Jazztradition, von Monk und Ellington und natürlich von Coltrane.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #157: Benny Golson & Curtis Fuller – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba