Antwort auf: Enja Records

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New York Jazz Quartet – Oasis | Das dritte Album des New York Jazz Quartet – wieder mit einem neuen Drummer – musste dann auch noch her … und hier gibt’s für meine Ohren eine zumindest kleine Überraschung: Frank Wess, der als einziger Bläser bis hierhin sehr gruppendienlich agierte und oft fast etwas unterging, holt sich seinen Platz. Schon im Opener, einer Ballade aus seiner Feder, „Don’t Come, Don’t Call“, ist sein Tenor front and centre, mit wunderbarem Ton und perfekt geformten Phrasen. Roland Hanna kriegt natürlich seinen Platz – den nimmt er sich ja, wo immer er auftaucht. Ähnlich George Mraz, der aber hier auch die meiste Zeit in vernünftigem Rahmen agiert (also ohne übertrieben virtuoses Dauereingemische). Der neue Drummer ist Ben Riley, der nach dem recht weit swingenden Richard Pratt und dem luxuriösen Grady Tate für einen hippen, trocken, recht engen Swing sorgt, knackig und auf den Punkt – das passt sehr gut.

Hannas „It’s Just a Social Gathering“ ist eine Art Bossa, in dem Mraz das Thema vorstellt (Wess an der Flöte). Mraz ist auch im folgenden „Funk House“ (Hanna-Mraz) sehr prominent zu hören – im Duo mit Roland Hanna. Die beiden sollten in dem Format ja 1982 für Trio ein ganzes Album aufnehmen, „Romanesque“, was durchaus folgerichtig scheint. Funky ist auch der Closer der ersten Seite, „Cram It Damn It“ von Hanna. Wess spielt das Thema an der Flöte unisono mit Hanna, derweil Riley einen trockenen Backbeat spielt. „The Patient Prince“ von Wess ist ein mehrteiliges, 13minütiges Stück, das mit Flöte und Kastagnetten beginnt – the spanish tinge – bevor die anderen einsteigen. Im zweiten Teil gibt es wieder einen trockenen Beat, das Piano klingt fast elektrisch, während Wess‘ Tenorsaxophon wieder als Teil des Ensembles auftritt, wie man es von den Vorgänger-Alben kennt, und Mraz ein Solo spielt, das weiterhin einen leicht spanischen Touch hat. Nach einem Schlagzeugsolo folgt der dritte Teil mit einem starken Tenorsax-Auftritt von Wess – im schnellen 4/4 aber mit wiederkehrenden Latin-Touches in der Begleitung. Der Closer ist dann Hannas titelgebende Ballade, das er auch solo öffnet, bevor Flöte, Arco-Bass und Rubato-Drums dazustossen.

Aufgenommen wurde das Album von David Baker im Sound Ideas Studio in New York am 13. Februar 1981, später im Tonstudio Bauer abgemischt. Die drei Alben sind alle ganz gut. Sicher keins davon auch nur annähernd ein Lieblingsalbum, aber sie sind viel frischer und offener, als ich das erwartet hätte – keine lieblosen All-Star-Sessions jedenfalls. Dieses dritte ist vielleicht vom ersten Eindruck her mein liebstes von den dreien (in Sternen: zweimal ***1/2 und hier ****).

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