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deep river (1988/89)
das album hat mich gestern ziemlich geflasht, jetzt gerade auch wieder. direkt im ersten song hört man paradigmatisch, wie diese band arbeitet. eine butch-morris-komposition, „jazz (is here)“, eine fast klassisch angeboppte blues-linie, macht den anfang, und schnell merkt man, dass sich die vier musiker einen eigenen reim auf dieses statement machen. es gibt ansatzlose explosionen, völlig verrückte wechsel zwischen gar-nicht-spielen und fortissimo, einen sehr lauten drummer (der aber oft so spielt, als würde er zwischendurch ausgeblendet), ein pianist, der kantige stützakkorde anbietet, dann verstummt, dann alles vorhergespielte mit einem kindlichen punk dekonstruiert – oder in einem geflecht von verminderten akkorden hängenbleibt, das das ganze album verdunkelt. hopkins überragt das ganze mit autoritärem, aber auch flexiblen ton, inside und outside gleichermaßen. was so verrückt ist: das ist kein postmoderner spaß, das ist eigentlich überhaupt kein spaß, sondern eher eine art anders gelagerter heiliger ernst, der immer wieder über etwas zu verzweifeln scheint, bevor es mit einem achselzucken weitergeht. für mich setzt das nach sowas wie dem zweiten miles-quintett maßstäbe, inwieweit sich musiker einer band gegenseitig herausfordern können. am ende ein freies klarinetten-bass-duo, bei dem man zum ersten mal denkt, jetzt haben sie sich tatsächlich verloren – und dann setzen klavier und drums ein und sie spielen „deep river“, ein spiritual, das sich ein kurzes herzzerreißendes pathos erlaubt. am ende geht halt alles den gleichen bach herunter.
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