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redbeansandriceAchso, diese Idee, dass Murray nach Webster und Hawkins klingt, find ich auch nicht mehr so überzeugend… das ist glaub ich wirklich eine Aussage von ca 1980 als plötzlich alle so klingen wollten wie Michael Brecker oder Steve Grossman… da war ja irgendwie die Vielfalt an Tenorklangfarben auf einem Tiefpunkt, zumindest am oberen Ende der Jazznahrungskette… aus meiner Sicht im hier und jetzt würd ich behaupten, dass Murray schon einen guten Ton hat, aber der auch nicht bunter oder schwerer ist, als was in der ersten Generation des Free Jazz zB bei Ayler oder Shepp üblich war…
das macht alles sehr viel sinn. wobei die leute, die aus dem freejazz oder den lofts kamen, in den 80ern offenbar alle unter dem verdacht standen, keine changes spielen zu können und nicht „the real deal“ zu sein. komischerweise betraf das die zeitgenossen, die sofort im mainstream anfingen (lovano, wallace) nicht. für mich liegt da ein bisschen der hund begraben: wenn shepp oder murray ellington spielen, ist das was anderes, als wenn das von lovano oder wallace kommt. nicht wegen der hawkins/webster-tradition, auch nicht wegen schwarz/weiß, sondern weil es aus praktiken und erfahrungen der freien improvisation kommt. der zugang zum traditionalismus ist anders, pastichehafter, wilder. weniger „echt“ womöglich für leute, für die das erstmal der startpunkt ist, um jazz zu spielen.
tatsächlich (gerade nochmal nachgeschaut) dauert es wirklich lange, bis murray anfängt standards zu spielen, egentlich erst in den späten 90ern, von einem ellington-album des world saxophone quartets und einzelnen stücken abgesehen.
was seinen ton angeht: der ist ja total identifizierbar, sofort. und aus obertönen tatsächliche linien zu spielen, kenne ich in der sicherheit von niemand anderem. wenn es überhaupt klare vorbilder gab, dann eher dolphy, glaube ich. aber, genau, schwerer, runder als ayler oder shepp spielt er nicht nicht.
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