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gypsy-tail-wind
Abraham Burton – Closest to the Sun
Nach der Verneigung und dem Standard sind die Eigenkompositionen dran: „E=MC“ von McPherson, „Romancing You“ von Burton, „So Gracefully“ von Cary und „Corrida de toros“ wieder von Burton. Im ersten glänzt Cary mit einem wahnsinnig tollen Solo, Burton klingt hier schon deutlich nach McLean. Das zweite ist ziemlich catchy und wird über eine Art Samba-Beat gespielt – und wieder ist Cary zuerst dran und konstruiert erneut ein tolles Solo über den tänzelnden Groove von Johnson/McPherson. Auch Burton phrasiert hier unregelmässig, kehrt zwischendurch zum Thema zurück, rauht mal den Ton auf, kommt aber nicht ganz ohne Klischees aus. Carys Stück dauert fast 13 Minuten und ist neben „Laura“ wohl mein Highlight hier. Ein paar Klavier-Tupfer, dann ein Bass-Lick und schliesslich steigt Burton mit dem eingängigen Thema ein. Das ist hymnisch, es brennt an allen Enden und ist doch total geerdet. Burton spielt ein irre gutes Solo, das auch auf einer Impulse-Platte von 1970 oder so gut gepasst hätte. Wenn er nach sechs Minuten wieder das Thema spielt, könnte das auch zu Ende sein, doch natürlich kommt jetzt auch noch Cary zum Zug (und ganz zum Schluss deutlich kürzer dann auch noch McPherson) und ist einmal mehr toll. Irgendwie habe ich ihn trotz Betty Carter und Abbey Lincoln bisher nie so wirklich auf dem Schirm gehabt, sein eigenes Enja-Debüt ist auch nicht so beeindruckend, aber die zwei Alben dieses Burton-Quartetts sind wirklich beeindruckend, auch dank ihm.
mich hat das album gestern auch sehr geflasht – es ist viel heißer als mainstreamproduktionen aus der zeit, und wenn burton eins von mclean gelernt hat, ist das, wie man die ganze zeit ein stück im solo unter spannung setzt. ich habe natürlich vor allem auf cary gehört, der das – weniger virtuos als burton – super mitträgt, er hat wiederum von tyner das hängenbleiben auf akkorden gelernt und kultiviert. und seine komposition „so graceful“ ist natürlich die vorlage für das „my favourite things“ der band: 3/4-groove mit dur- und moll-segmenten, wobei der wechsel vom jeweiligen solisten vollzogen wird, „wenn es soweit ist“… und eigentlich müsste man hier jetzt noch die ganze zeit über mcpherson schwärmen, der im bandsound wirklich den unterschied macht (und eine tatsächlich neue stimme ist).
danach habe ich CAUSE AND EFFECT gehört, das mir deutlich weniger gefällt. james hurt spielt mehr mätzchen, und durch burtons wechsel auf tenor verliert er etwas an eigenständgkeit, absurderweise, finde ich – er klingt wie viele dieser halbwegs aktuellen power-tenoristen aus der coltrane-ecke. man entkommt halt seinen vorbildern nicht, es gibt ja für alle instrumente mindestens eins.
à propos marc cary – das meisteralbum ist natürlich der anny-lincoln-tribut, solo.
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