Antwort auf: Enja Records

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Aki Takase Septet – Oriental Express | Zeit für eine letzte Runde vor dem Kinobesuch – und ich bleibe mal bei Takase, zumal als nächstes ein Dreier- oder Viererpaket ansteht (Burton/Cary). Hier verliert mich die Programmierung der Box „The First Years in Europe“, denn zwischen „Alice“ und diesem Album liegen diverse weitere (Lücken gab es ja schon vorher, am allenfalls fehlenden Europa-Bezug liegt es nicht: Leverkusen, A-Trane, Trixi Studios, Meistersingerhalle): ein Duo mit David Murray, „Clapping Music“ mit Reggie Workman und Sunny Murray, ein Album mit Ino und Streichquartett … v.a. das Trio mit Workman/Murray möchte ich auch noch hören – kennt es hier jemand, vielleicht @vorgarten oder @atom?

„Oriental Express“ wurde am 10. Oktober 1994 beim Deutschland Radio in Berlin aufgenommen – einmal mehr live (im Studio mit Publikum, wie es scheint). Mit dabei waren Issei Igarashi (t), Hiroshi Itaya (tb), Eiithi Hayashi (as, ss), Hiroaki Katayama (ts, bari), Takase (p), Nobuyshi Ino (d) und Shota Koyama (d). Es gibt sehr lange, recht euphorische Liner Note von Makoto Aoki. Ein Jahr lang habe er nach der Premiere der Band (fürs allererste Konzert sass in Berlin sass Motohiko Hino am Schlagzeug, danach übernahm Koyama) waren müssen, um sie endlich doch noch selbst zu hören. Im September und Oktober 1994 tourten, so ist dem Text auch zu entnehmen, sechs Jazz-Combos aus Japan unter dem Banner „Japanische Jazztage“ durch Deutschland, geleitet von Yosuke Yamashita, Takeo Moriyama, Eiithi Hayashi, Sachi Hayasaka und Aki Takase. Anfang Oktober spielten sie alle direkt nacheinander in München.

Mit einem Mingus-Medley („So Long Eric“, „Duke’s Choice“ und „Goodbye Pork Pie Hat“) geht’s los, fast 24 Minuten, die recht kurzweilig sind, aber mich doch nicht so recht zu fesseln vermögen. Später gibt es Filmisches, charmanten Stride, in Schlippenbachs „Point“, einer Solo-Performance (das Geschepper zwischendurch stammt ev. nicht von Takase, schwer zu sagen) zitiert Takase lange ein altes Evergreen (ich komme nicht drauf, was es ist, so zwischen Minute 4 und 5 – Fats Waller, oder was aus dem Repertoire von Louis Armstrong?). Im Gegensatz zu den Aufnahmen davor tue ich mich hier auch mit einer Einordnung recht schwer: das vermessene musikalische Territorium reicht von Neo-Traditionalismus bis zur Avantgarde – aber manche freie Passage klingt mehr nach Show-Musik, ich denke da auch an Willem Breuker oder so, eine Prise Circus ist jedenfalls immer wieder dabei, nicht zuletzt im Closer, dem Titelstück, das als eine Art Polka-Marsch beginnt (das Italian Instabile Orchestra ist hier auch nicht weit). Dazwischen brechen die Stücke immer wieder für längere Soli auf, vor allem die Saxophonisten sind schon ziemlich stark – und natürlich Takase selbst. Aber zwingend wirkt das für mich alles nicht, auch wenn es durchaus Spass macht. Die Sensation, als die Aoki diese Gruppe beschreibt, höre ich also auch heute nicht.

Und das letzte Album der 5-CD-Box, „Duet for Eric Dolphy“ mit Rudi Mahall (von 1997 und damit von den „first years“ meilenweit entfernt), hätte ich dann echt gar nicht mehr gebraucht … drum hatte ich auch lange gezögert mit dem Kauf, bin aber für „Song for Hope“ und „Shima Shoka“ echt froh, und dann gibt’s halt noch zwei freundliche und eine unfreundliche Beigabe). Noch eine Irritation zur Box-Auswahl: dieses Album hier erschien in Japan zeitgleich bei Omgatoki, das in den Liner Notes im Gegensatz zu Enja auch erwähnt wird – Enja hat es vermutlich einfach übernommen, weil Weber ja eh beste Beziehungen zu Takase hatte.

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