Antwort auf: Enja Records

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John Stubblefield – Countin‘ On the Blues | Auch das nächste Album liegt erst seit zwei Wochen hier und lief die letzten Tage schon vier oder fünf mal. Und auch es stammt von einem starken Tenoraxophonisten, bei dessen Alben das „würd ich gerne mehr mögen“-Phänomen viel stärker ausgeprägt ist als bei Pepper. Und auch hier: das neu angeschaffte Album verschafft da recht grosse Abhilfe. Am 27. und 28. Mai 1987 von David Baker in den A & R Studios in New York aufgenommen sieht sein zweites Album für Enja auf dem Papier vielleicht weniger konservativ aus als das sechs Jahre später eingespielte „Morning Song“, doch während dieses sich trotz der Besetzung als gar zu bunter Gemischtwarenladen entpuppt, geht es hier zur Sache. Hamiet Bluiett am Barisax sekundiert dem Leader (Sopran und Tenor sowie Yamaha DX7 Synthesizer), Mulgrew Miller, Charnett Moffett und Victor Lewis sorgen für die passende Begleitung, eher dunkel schattiert, wie bei Pepper selten einfach im walkenden 4/4, zugleich erdenschwer und dank Lewis auch sehr leicht und behende wirkend. Es gibt hier Musik aus dem Coltrane/Tyner-Kontinuum, weit ausgreifende Vamps, Bass-Ostinati, Rumpel-Drums – und darüber heben die Bläser ab, Stubblefield an beiden seinen Saxophonen. Bluiett erweist sich – wenig überraschend – als perfekter Partner, kernig, dunkel und sowohl zum singenden Sopransax und dem ebenso kernigen Tenorsax des Leaders hervorragend passend. In der Mitte ist das Album irre gut, finde ich – „Going Home“ und „Montauk“ sind jedenfalls Highlights hier. Das Album ist sehr gut programmiert: wuchtiger Opener, leichtere Nummer (mit Lewis an den Besen, sehr toll), zweimal spiritual vamp heaven, dann gibt es eine Ballade, „My Ideal“, präsentiert im Duo mit Miller und einem angedeuteten, etwas altmodischen Two-Beat-Touch – und tollem Tenorsax vom Leader, wirklich schön. Die LP endet dann mit dem stompenden Titeltrack (Bluiett! Stubblefield! Miller und die Rhythmusgruppe!), auf der CD gibt es noch das kurze „The Wanderer“ als Nachgedanke – den ich mit Synthesizer, Piano-Gefrickel, federndem E-Bass, platten Plasticdrums und Sopransax hier leider als überflüssige Störung empfinde, nachdem das bis hierhin ein wirklich geschlossenens, überzeugendes Album ist.

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