Antwort auf: Enja Records

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New York Jazz Quartet – Blues for Sarka | Am 17. Mai 1978 nahm Enja das New York Jazz Quartet live im Domicile in München auf (Carlos Albrecht vom Tonstudio Bauer war zur Stelle). Frank Wess (fl, ts), Roland Hanna (p), George Mraz (b) und Grady Tate (d) öffnen mit „All Blues“, eine Viertelstunde lang und entsprechend mit viel Raum für Soli. Wess legt am Tenorsax los und spielt ein langes Solo, bevor Hanna übernimmt. Nach dem Bass-Solo rifft die Band gemeinsam. Die erste Hälfte wird von Hannas „Rodney Round Robin“ mit Wess an der Flöte beschlossen (bei Double Image gibt’s „Rodney’s Dream of Fantasy and Self-Fulfillment“ – ein Zufall?) – schnelles Tempo, sehr knackiges Klaviersolo. In der zweiten Hälfte folgen zwei Stücke von Mraz, das schnelle „I’ll Tell You Tonight“ (ts) und dann das sehr schöne langsame Titelstück (fl), bevor wieder eins von Hanna den Abschluss macht, „Smelly Jelly Belly“. Das ist schon alles ziemlich konventionell – aber die Band funktioniert super (ich finde den Drummer-Wechsel aber nicht so toll, Tate setzt weniger Akzente und klingt auch nicht immer so toll, wie ich es bei ihm an sich erwarte). Im Closer gibt’s den Funk, auf den man vom Titel her wartet. Wess spielt ein kerniges Tenor, rhythmisch an Eddie Harris erinnernd. Ranken kann ich die Alben nach diesen ersten Hörgängen nicht – zu echten Favoriten werden sie vermutlich nicht, aber sie bleiben jetzt wie all die Neuanschaffungen erstmal in Griffweite.

Weber schreibt in seinen Liner Notes (April 1998, für die CD-Ausgabe) je einen Text über Hanna und Wess und am Ende vom ersten spricht er von der „bandleader combination of Roland Hanna and Frank Wess“ – diese retrospektive Äusserung passt zur Haltung von Amiga, als die 1980 ihre Ausgabe von „Surge“ herausbrachten. Am Ende seines Textes meint er dann, Wess‘ „Opus de Jazz“ aus den Fünfzigern sei bei ihm fast täglich gelaufen. „Unfortunately, a woman stole my LP, and I was not able to find this record again. Even now, 40 years later, I would go and buy it if i could get it anywhere.“ – Die Geschichte mag erklären, warum diese Band ausgerechnet bei Enja gelandet ist. Die Gruppe nahm noch ein drittes Enja-Album auf, „Oasis“ (1981), zudem je eins für Sonet („Song of the Black Knight“, 1978) und Bee Hive („The New York Jazz Quartet in Chicago“, 1983). Die erste Veröffentlichung der 1971 gegründeten Band war ein Konzertmitschnitt aus Japan vom Frühling 1975 – da gibt es zwei Alben, von denen das eine wohl aus rechtlichen Gründen zurückgezogen und das zweite erst verspätet veröffentlicht wurde. Oder so ähnlich – die Infos bei Discogs sind wohl nicht in jeder Hinsicht korrekt. Hier die Links zu den Haupt-Releases (?):
https://www.discogs.com/release/3176556-New-York-Jazz-Quartet-In-Concert-In-Japan
https://www.discogs.com/release/7247216-The-New-York-Jazz-Quartet-In-Concert-In-Japan-Volume-One

Die Cover-Fotos der beiden New York Jazz Quartet-Alben stammen übrigens von Josef Werkmeister, das von „Double Image“ von Matthias Winckelmann, das bei Degen von Giuseppe Pino und das bei Friedman von Helmut Loose (dort stammt das Friedman-Portrait auf der Rückseite von Werkmeister).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #153: Enja Records - Entdeckungen – 11.06., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba