Antwort auf: Enja Records

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Enders Room – Human Radio | Ein paar Jahre später zog ich nach „Monolith“ auch noch dieses 2004 erschienene Album von Johannes Enders‘ Projekt Enders Room aus der Grabbelkiste. Abgesehen von einem Stück, das er mit Rebekka Bakken gemeinsam komponiert, stammt wieder alle Musik von Enders, bei den Lyrics halfen je einmal Bakken („So Ro“) und Joo Kraus mit (sein Rap in „Self Observatory“, den er gleich selbst an der Trompete begleitet). Bakken, Roberto Di Gioia (p, elb) und Thomas Stabenow (b) sind die Basis-Band, Ed Howard spielt auch wieder auf einem Stück den Bass, an den Drums wechseln sich Wolfgang Haffner und Andy Haberl ab, Saam Schlammiger ist im tollen Opener an Tombak und Dohol dabei. Enders selbst spielt Tenorsax, Bassklarinette, Flöte, Rhodes und Synthesizer und zeichnet für programming und electronics verantwortlich. Die Aufnahmen entstanden 2003–2004 im Endless Music Studio und dem Realistic Music Studio, gemäss Discogs in Weilheim bzw. München.

Mit „Euphrat“ gibt es einen sehr tollen Opener, eine Art Nu-Jazz-Variante von Coltranes „India“ vielleicht, mit dem Leader an der Bassklarinette. In „So Ro“ singt Bakken dann zum ersten Mal – auf Norwegisch, nehme ich an. Danach bin ich mal drin, mal wieder raus … alles in allem spricht mich das Album aber ein ganzes Stück mehr an als der Erstling. Auch hier erhebt sich hie und da Enders‘ solides Tenorsaxophon aus den Soundscapes – und weiss mit seinem tollen Ton zu überzeugen. Und in „June“ spielt er ein Solo, das wie ein zusätzlich gefiltertes Varitone klingt. Ich schrieb oben „filmisch“ zu „If“ – das passt wohl auch für Enders Room. Nach diesem Album war ich dann aber raus, die Grabbelkisten boten ab den mittleren Nullern kaum noch Jazz (weil es nichts mehr gab, was aus dem fast nicht mehr existenten Sortiment fallen konnte) und das zeitraubende Wühlen lohnte irgendwann nicht mehr … solche Zufallskäufe (wie auch das Roseman-Album einer war) fanden danach längere Zeit nicht mehr statt, erst als ich regelmässig bei Discogs einzukaufen begann, gab es mit dem, was ich da „Beifang“ zu nennen pflege, wieder ähnliche halbgeplante Käufe.

PS: weil ich grad das Sommerprogramm vom bird’s eye in Basel geöffnet habe die Tage und überlege, ausser zu Melissa Aldana noch wohinzugehen: vom 15. bis 17. August spielt Johannes Enders da drei Gigs: es gibt Sonny Rollins-Hommage mit Henning Sieverts und Jorge Rossy, ein Orgeltrio mit Renato Chicco und Rossy sowie eine Pharoah Sanders-Hommage mit Joris Teepe und Gene Calderazzo. Wär das in Zürich, würd ich wohl vorbeischauen (dann tät’s aber auch nicht 14 sondern 45 pro Abend kosten …)

Von den damals trendigen Sängerinnen aus Skandinavien hatte Enja auch Cæcilie Norby und Susi Hyldgaard am Start – von denen ich allerdings überhaupt nichts kenne. Efrat Alony aus Israel, Elisabeth Kontomanou aus Lyon oder Céline Rudolph aus Berlin sind weitere Sängerinnen mit Enja-Alben aus der Mitte der Nullerjahre – und auch sie kenne ich alle nicht. Ebensowenig die aus Kanada stammende Melissa Walker, deren drei Alben auf Enja da schon durch waren, oder die in Bayern beheimatete Jenny Evans, die auch schon ab den späten Neunzigern für Winckelmann aufnahm … da gibt es ein ganzes Vocal-Jazz-Cluster, und da sollte dann Kevin Mahogany nicht unerwähnt bleiben, der schon 1993 bei Enja debütiert hatte und dessen Namen man in den Neunzigern oft hören konnte (ich hab da nie wirklich Zugang gefunden, aber auch nicht hartnäckig gesucht – wie beim neun Jahr jüngeren Kurt Elling, der damals parallel bei Blue Note unterwegs war).

Überhaupt, wenn ich in der Zeit durch den Katalog scrolle, kenne ich sehr vieles nicht … gezielte Empfehlungen wären schön, z. B. auch von Ferenc Snétberger, falls das etwas besonders lohnt.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #153: Enja Records - Entdeckungen – 11.06., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba