Antwort auf: Enja Records

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Bennie Wallace – The Nearnesss of You | Ein Balladenalbum mit ein paar mittelschnellen Stücken von Bennie Wallace, bei dem man wieder mal über das Cover hinwegsehen muss. Es kam als SACD heraus, die einzige mir bekannte solche im Enja-Katalog. Joe Harley hat wieder produziert, Joe Marciano am 23. und 24. Juni 2003 im Systems Two in Brooklyn aufgenommen, im Trio mit Kenny Barron und Eddie Gomez. Ich habe die CD damals nicht gekauft, erst vor knapp eineinhalb Jahren die japanische Ausgabe in die Finger gekriegt (auch von 2004, bei Justin Time gab’s das Album übrigens auch).

Mit einem über neun Minuten langen „Come Rain or Come Shine“ setzt das Trio den Ton, danach folgen Songs wie „Willow Weep for Me“, „Crazy He Calls Me“, „Why Was I Born“, „I’m Old Fashioned“, „Some Other Spring“ und natürlich das Titelstück von Hoagy Carmichael. Wallace lässt sein Saxophon manchmal kurz schnauben und fauchen, aber das bleibt alles im Mood. Sehr interessant finde ich, nach dem Gershwin-Album und dem Mitschnitt aus Berlin, wie anders Barron hier unterwegs ist: zugleich zurückhaltender und präsenter, lyrischer, verspielter, offener – und gerade deshalb immer am richtigen Ort. Da merkt man wohl seine Erfahrung mit Stan Getz – ein vollkommen anders gearteter Stilist als Wallace, aber eben auch ein Balladenspezialist. Gomez hat in diesem Setting viel Platz, es gibt auch Passagen ohne oder mit sehr wenig Klavier und da ist der Bass auch mal rasant unterwegs, etwa im Intro von „I’m Old Fashioned“ – aber auch ihm gelingt es, nie aufdringlich zu werden, stets der Sache zu dienen (dabei mag der Mix helfen, der den Bass nicht wie so oft in den Vordergrund drückt – gerade bei Gomez ist es ja eher selten, dass sein Bass so aufgenommen wird, dass er mehr gefühlt als gehört wird). Überraschend gut – und mir selbst ein Rätsel, warum ich es damals nicht kaufte. Vermutlich, weil kein Drummer dabei ist … aber aus heutiger Sicht macht es das gerade ungewöhnlich. Allerdings war Wallace bis und mit 2004 so präsent, dass ich nicht auf Idee kommen konnte, dass das hier sein letztes Studio-Album bleiben sollte (er kam im November 1946 zur Welt, war also noch nicht mal 60, als sein letztes Album entstand … keine Ahnung, was die Gründe für den Rückzug sind).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #153: Enja Records - Entdeckungen – 11.06., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba