Antwort auf: Enja Records

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Abdullah Ibrahim Trio – Yarona | Aus alt mach neu, als Cape-Jazz mach ein hard-boiled New Yorker Jazz Trio, das doch offen, zart und verletzlich wirkt wie kaum ein anderes. Ein wundersames Album, das Ibrahim am 13. und 14. Januar 1995 im Sweet Basil in New York als grossen Verwandlungskünstler präsentiert (es gab an den Tagen in New York ein Zwischenhoch und war mittags fast 20 Grad warm – das Sweet Basil könnte darauf einen Einfluss gehabt haben). Die Themen sind alle da: „Mannenberg“, „Tintinyana“, „African Marketplace“, „Cherry“, „Nisa“, „Tuang Guru“ … an jüngerem Material gibt es „Stardance“ (auf „Mindif“ heisst es „Star Dance“), „Barakaat“ (von „Mantra Mode„) sowie „Duke 88“ und „African River“ vom gleichnamigen Album. Nicht nur die Themen sind da, auch die Grooves, die Beats, die Versatzstücke, Riffs, Manierismen … und doch passiert hier etwas völlig Neues: Abdullah Ibrahim (p), Marcus McLaurine (b) und George Johnson (d) formen daraus moderne Klaviertriomusik, ganz im Jetzt, hellhörig, offen aus dem Augenblich heraus, die Richtung und die Grooves wechselnd. Die Stücke fliessen oft so sehr ineinander über, dass es wirklich nett ist von Tiptoe/Enja/Ekapa, eine korrekte Tracklist mitzuliefern … David Baker ist für einen enorm präsenten Sound mit phantastisch klingendem Bass besorgt, das Piano voller Wärme, auch die Drums von Johnson sind superb eingefangen, gerade wenn er mit den Besen die Snare spielt, was er oft tut. Dass die beiden Sidemen auch Funk und Souljazz-Erfahrung haben, ist ihrem Spiel vielleicht anzuhören. McLaurine sielte u.a. mit Weldon Irvine, Horace Tapscott, Kenny Burrell oder Clark Terry und ist auf einem von Abbey Lincolns späten Alben dabei („Devil’s Got Your Tongue“), George Johnson hat weniger aufgenommen, neben mehreren Alben mit Charles Earland und Lonnie Liston Smith ist auch ein Konzert mit McCoy Tyner dokumentiert. Die zwei Partner erweisen sich als perfekte Wahl, nicht zuletzt in „Tuang Guru“ in der Mitte des Programms, wo das Trio so integriert klingt, wie wir es von Ahmad Jamals Trios kennen.

Ein Album, das mich – ich schrieb es schon gestern rasch – seit Erscheinen zutiefst fasziniert und von dieser Faszination bis heute nichts eingebüsst hat. Vielleicht reicht es nicht für die Top 10, aber es reiht sich mit „Africa – Tears and Laughter“, „South Africa“, „Good News from Africa“ und den Ekaya-Alben in die Ibrhaim-Favoriten ein (wenn ich den Blick auch für ausserhalb Enja öffne, kommt bei Ekaya noch ein Favorit hinzu, die afrikanischen Aufnahmen der Siebziger kenne ich nur in Form von Compilations, da müsste ich erstmal Alben rekonstruieren, aber mit sowas hab ich’s ja eher nicht so).

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