Antwort auf: Enja Records

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Diana Krall – Stepping Out | 1993 kriegte Enja via die Connection mit Justin Time, die das Album produziert hatten, auch ein kleines Stück des bald beträchtlichen Diana Krall-Kuchens ab. Ich habe die spätere GRP-Ausgabe (die Hälfte von denen ist bei Discogs fälschlich auch auf 1993 datiert, aber im Booklet werden die folgenden Alben bis und mit „Love Scenes“ von 1997 genannt), auf der auf dem Frontcover unten noch „The Early Recordings“ draufgedruckt wurde.

Für ihr (damaliges, später kam bei TCB noch eine frühere Session mit Vince Benedetti heraus, die einen Zürich-Bezug hat und mit Taxifahren als üblichem Nebenjob von Jazzern zu tun hat) Debutalbum konnte Krall sich auf John Clayton (b) und Jeff Hamilton (d) verlassen, ein eingespieltes No-Bullshit-Rhythmusgespann, mit deren gemeinsam geleiteten Big Band Krall einige Jahre später ein Album aufnehmen sollte. Aufgenommen wurde das album am 18. und 19 Oktober 1992 in den Kingsound Studios in North Hollywood sowie (Frim Fram Sauce, Straighten Up and Fly Right) im Group IV Recording in Hollywood. Späteren Ausgaben (Justin Time und Enja brachten das Album 2000 erneut heraus) wurde ein zwölfter Track beigegeben, „On the Sunny Side of the Street“, der bei meiner GRP-Ausgabe (ich tippe auf 1997/98) fehlt. Für die Doppel-LP-Ausgaben ab 2016 und die CD von 2018 kam auch noch „Summertime“ dazu.

Hier gibt es Standards, die einen Bogen von funky zu balladesk schlagen, viele mittelschnelle Tempi, in denen Krall auch als Pianistin glänzen kann, ein paar Instrumentals dazwischen, eine erste Novelty-Nummer („Frim Fram Sauce“, auf den folgenden Alben gab’s meist auch einen ähnlichen Novelty-Song), ein Original („Jimmie“, für den Lehrer Jimmie Rowles und den Vater Jim Krall). Ray Brown schrieb die Liner Notes: „a teenage piano wiz“ sei Krall gewesen, als er sie in ihrer Heimatstadt Nanaimo erstmals kennengelernt hätte. Später habe sie ihn angerufen und gefragt, bei wem sie ihr Klavierspiel verbessern könne. Brown empfahl Jimmie Rowles oder Hank Jones, und Rowles ist es geworden. Ob man das hören kann? Ich denke schon, aber einen eigenen Stil herauszuhören ist bei Krall eh recht schwierig, denn sie hat von Attacke à la Peterson bis Funk à la Timmons wirklich alles drauf und setzt das auch sehr gekonnt um.

Ich mag das Album auch heute noch ganz gerne – es lief allerdings seit vielen Jahren nicht mehr. Wenn ich wieder mal Krall hören möchte, ist’s meist eins der folgenden fünf Alben, die ich einlege – was auch damit zu tun haben mag, dass meine erste Berührung „Only Trust You Heart“ (erste Begegnung mit Stanley Turrentine auch), mein richtiger Einstieg „All for You“ war, mein damaliges Lieblingsalbum dann „Love Scenes“ wurde, ich mich darauf allmählich mehr und mehr mit „When I Look In Your Eyes“ und „The Look of Love“ anfreundete; eine Bewegung weg von den Anfängen quasi, die „Stepping Out“ repräsentiert. Favoriten hier sind die ersten drei Songs, „This Can’t Be Love“, „Straighten Up and Fly Right“ und „Between the Devil and the Deep Blue Sea“, „Body and Soul“, das an fünfter Stelle als bezaubernde Solo-Ballade folgt … und klar: „Frim Fram Sauce“.

Wenn wer findet, das klinge zu leicht, möchte ich entgegnen: fall darauf mal nicht herein, da steckt sehr viel Arbeit dahinter – Krall ist bei aller Vermarktung ihrer Aussehens usw. eine äusserst solide Handwerkerin, die als Sängerin durchaus ihre Linie gefunden hat (als Pianistin vermutlich auch, auch wenn mir da die Einordnung schwerer fällt), da wurde sehr viel investiert … und dass sie ihr Debut erst mit 29 herausbrachte, ist vielleicht auch ein Zeichen dafür.

Wem ihre Delivery zu kühl ist: bon – doch über Geschmack lässt sich trotzdem streiten!

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