Antwort auf: Enja Records

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gypsy-tail-wind
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Chris Connor with the Hank Jones Trio – As Time Goes By | Hier wurde über vier Tage aufgenommen: 30. März bis 2. April 1991 im Clinton Recording Studio (Jim Anderson), Richard Rodney Bennett wirkte für „Special musical arrangements“ mit, Makoto Kimata und Todd Barkan haben für Alfa Records produziert, das Album erschien aber im selben Jahr (1991) auch bei Enja. Wenn Daniel Murray in seinen ersten Tönen beim Jazzpar Prize wie eine Frau klingt, dann klingt Connor hier in den ersten Tönen des Openers „Falling in Love with Love“ wie ein Mann.

Die Eindrücke von …

@vorgarten
keine ahnung, ob das zählt, sieht nach einer alfa/enja-kooperation aus, die nächsten arbeiten von connor erschienen allerdings nur noch auf alfa. 1991, da war ja was mit dem vocaljazzcomeback, ältere damen und herren wurden wieder vor die studiomikrofone gezerrt und hatten plötzlich ein neues publikum (ohne das alte zu verlieren). in connors fall funktioniert das nicht so richtig. den vortrag würde ich – naja – undramatisch nennen, zeitungvorlesen konnte joão gilberto allerdings besser, die eleganz muss bei connors aus dem backstage kommen, das von jim anderson kristallin aufgenommene hank-jones-trio tut sein möglichstes, aber am ende ist es eine brav begleitende band mit schönen klaviersoli. connors stimme ist ihr leben nicht anzuhören, aber das hat ja auch was. ihr „goodbye“ am ende klingt ein bisschen so, als müsse sie sich jetzt an die steuererklärung machen.

… kann ich hier gar nicht teilen. Mich berührt diese Stimme sehr, auch wenn sie in der mittleren Lage (der höchsten, die für Connor noch drin lag zu dem Zeitpunkt) oft sehr eigenwillig intoniert (wenn damit wer nicht klar käme, hätte ich grösstes Verständnis). George Mraz ist am Bass dabei, der in der Zeit oft mit Jones spielte (1993 auf „Upon Reflection“ oder 2004 auch bei Justin Time auf „For My Father“, um mal zwei zu nennen, die ich sehr gerne mag – zusammen – als letzteres entstand, entstanden auch die Blue Note-Alben mit Joe Lovano, die ich ebenfalls mag). Mraz kriegt im zweiten Song, dem Titelstück, auch einen Solo-Spot, während Keith Copeland sich auf Besenarbeit beschränkt. Den Song mag ich ja bekanntlich nicht so gerne, aber Connors Version hier gefällt mir tatsächlich sehr. Das klingt total weltmüde – und gefällt mir echt gut. Diese Weltmüdigkeit ist vielleicht auch eine Art Thema mit dem Titelstück, „September in the Rain“, „Gone with the Wind“, „Long Ago (An Far Away)“ … anderswo ändern die Stimmung, z.B. in „Everything I’ve Got“, das auch Steuerexpertinnen oder Telefonbuchrezitatoren kurz ihrer wichtigen Arbeit ablenken müsste. Das Trio legt Connor den Boden aus. Jones‘ Spiel finde ich für den Rahmen perfekt: nie aufdringlich, unglaublich elegant dabe aber nie geziert. Sie ist meiner Ansicht nach selten mit einer so guten kleinen Combo aufgenommen worden.

Die folgenden Alfa-Alben kenne ich leider nicht (nie gesehen), erst die zwei erster der drei danach folgenden HighNote-Alben, die mir von der Begleitung und den Arrangements her etwas zu üppig in Erinnerung sind (Mike Abene). Connor vertiefen ist ein beim Vocal Jazz offen gebliebenes Projekt, und das Album mit Jones habe ich ebenso wie das Live-Album mit Fred Hersch (eine Evidence-CD, die wie ich grad lese die erweiterte Fassung des Japan-Albums „Chris Connor Live“, rec. 1983) auch erst damals gekauft, um uralte CD-Rs von einem anderen Connor-Fan auf Organissimo zu ersetzen, die mir 20 Jahre gut gedient haben.

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