Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Enja Records › Antwort auf: Enja Records
Oliver Jones – A Class Act | Ein Nachkauf der letzten Wochen, aus purer Neugierde, und noch ein erster Hörgang. Jones kam 1934 in Montréal, Kanada, als von Einwanderern aus Barbados zur Welt und legte, wie Leonard Feather in diesem, seinem zehnten Album, auch darum einen verspäteten Start hin, weil er von 1962 (Wiki sagt 1964) bis 1980 mit der Begleitband des Sänger Kenny Hamilton aus Jamaica unterwegs war. Davor genoss er u.a. ab dem Alter von acht Jahren Unterricht bei Oscar Petersons Schwester Daisy Peterson Sweeney oder trat als Solo-Novelty-Act auf: „I had a trick piano act, dancing, doing the splits, playing from underneath the piano, or with a sheet over the keys“ (Wiki). Sein Debutalbum erschien 1982 oder 1983 und seither sind alle seine Alben bei Justin Time herausgekommen – „A Class Act“ wohl im Jahr 1991.
1992 kam das Album dann auch bei Enja heraus – ich weiss nicht genau, wann die Zusammenarbeit zwischen den Labels begann, aber sie lief recht lange – von Jones übernahm Enja drei Alben, von David Murray auch ein paar. Wenn ich auf Discogs durch die Liste der Justin Time-Veröffentlichungen scrolle, sehe ich dort ebenfalls einige Enja-Alben, z.B. von Maria Schneider, Dhafer Youssef oder Charlie Mariano (sie erhielten einen eigenen Präfix „JENJ“). „A Class Act“ wurde bei Sessions im Studio Tempo zwischen März und Mai 1991 aufgenommen und abgemischt (es gibt keine genaueren Angaben), dabei waren der kanadische Bassist Steve Wallace und der Drummer Ed Thigpen, die auch mal mit Oscar Peterson gespielt hatten.
Musikalisch bewegt sich das auf recht konservativem Gebiet, irgendwo im stiloffenen Mainstream, wie er sich seit den Fünfzigern herausgeschält hat – aber keineswegs in der Nachfolge von Oscar Peterson, von dem hier „Hymn to Freedom“ als Closer zu hören ist (ein Highlight – das Stück scheint gemäss Feathers Liner Notes damals stärker mit Jones als mit Peterson verbunden worden sein). Von Bill Evans kriegen wir „Very Early“, dazu je ein Stück von Kenny Wheeler (geboren in Toronto), Ed Thigpen und „Fresca“ von Nelson Symonds, einem Gitarristen aus Halifax. Feather beschreibt das als „the opening cut“, aber ich sehe bei Discogs keine Ausgabe mit anderer Anordnung der Stücke, „Fresca“ ist das siebte von neun Stücken – und ein Highlight mit Halftime-Bass, Latin-Beat und tollem Klavier drüber. Die übrigen vier sind Originals von Jones selbst: Widmungen an Freunde („Stan Pat“ für den Pianisten Stan Patrick aus Bermuda ist ein Calypso), eine Ballade („Peaceful Time“, das bei Feathers Stück-für-Stück-Kommentaren fehlt – ob er eine frühe Version zum Hören gekriegt hat, nach der alle nochmal umgestellt wurde?) und ein Gospel-Romp („Tippin‘ Home from Sunday School“). Jones‘ Klavierspiel ist zupackend, rhythmisch sehr stark (ich denke eher an Monty Alexander als an Peterson, vielleicht auch an den mittleren und späteren Ahmad Jamal), das klingt frisch und macht durchaus Spass – wird aber vermutlich nie zur Lieblingsmusik.
—
PS: zwischen Tchiai/Rek und Jones erschien neben dem oben von lotterlotta als Abou-Khalil-Favoriten erwähnten „Blue Camel“ auch Vol. 2 von „Abbey Sings Billie“, das ich zusammen mit Vol. 1 dort einsortiert hatte.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba