Antwort auf: Enja Records

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John Tchicai, Vitold Rek – Satisfaction | Ich bleibe noch in Skandinavien, hab hier tatsächlich wieder mal einen Vierblock am Stück: Nat Adderley, Berger/Holland/Blackwell, Murray/Dørge und dann das hier von John Tchicai (ts, ss, bcl, voice) und Vitold Rek (b), aufgenommen am 5. und 6. März im Trion Studio in Frankfurt. Ich höre das gerade zum ersten Mal, im vor einem Jahr gekauften Japan-Reissue (ich nahm das bei einer Bestellung mit Alben von Carol Sloane dazu und es lag dann erst mal etwas herum) – ich schnipsle hier mal kurz was von weiter oben aus:

vorgarten
die größte überraschung am schluss, tchicai & rek in der duo-serie, fängt verschroben an, tchicai liest texte (einen auf deutsch), rek assoziiert frei, aber später werden die sachen konzentrierter, interessant arrangiert, sie schaffen eigene atmosphären. ein stück heißt „berlin ballad“, ein anderes highlght einfach „e flat minor“. das hat, egal wie und auf welchen instrumenten, eine große stringenz. muss ich noch öfter hören, aber schöne entdeckung – sax&bass-alben gibt es ja nicht so viele.

Diese eigenen Atmosphären sind phantastisch – das klingt alles sehr dunkel, der Bass toll aufgenommen. Ich kenne Rek überhaupt nicht bzw. bloss von einem Polish Jazz-Album, Nr. 55, „Flyin‘ Lady“ von Jan „Ptsaszyn“ Wroblewski, wo er noch als Witold Szczurek figuriert. Und wie schön, zum Einstieg Tchicais Stimme zu hören – klar will der kleine Mann den grossen Orgasmus, viel mehr ist ja eh nicht drin für ihn. In „The Prayer“ wird’s dann etwas tiefschürfender („Eigene Zeit ausüben“), davon gibt es auch beim dritten Stück, „The Bass Is the Base“, gesprochenen Text. Der einzige Coltrane-Sideman, der mal an meinem Küchentisch sass, da haben sich natürlich Erinnerungen eingebrannt!

Über die Musik mag ich gar nicht viel schreiben, ausser dass auch Tchicais Tenor wie auch sein Sopran (er spielte Alt, als ich ihn hier zum einzigen Mal kurz hörte, direkt vor dem Küchentisch, dazwischen gab’s noch S-Bahn- und Taxifahrten und einen Einkauf beim Bäcker: den Kuchen zum Kaffee) phantastisch klingen und die Musik hier zugleich völlig offen und spontan aber tatsächlich stringent, sehr bestimmt und fokussiert wirkt. Auch bei mir eine echte Entdeckung!

Was Sax/Bass-Duos angeht, kommt mir als erstes Houston Person/Ron Carter in den Sinn, da kenne ich nur das eine Album, das hier im Forum ein kleiner Hit ist. Und dann ein Album, das ich so vor 20-25 Jahren oft hörte und immer wieder angepriesen habe (redbeans erinnert sich vielleicht noch, hat es vielleicht sogar auch?): „Alphea“, Hannes Wienert (as/ss/t) mit Peter Niklas Wilson (b), 1993 für Leo eingespielt. Müsste man mal etwas nachforschen, was es da noch gibt, aus dem Gedächtnis sind es diese beiden, die mir gleich in den Sinn kommen. An sich ist das ja ein Format, dass man ich von Johnny Griffin, Dexter Gordon oder so jemand bis hin zu gegenwärtigen Leuten bestens vorstellen kann.

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