Antwort auf: Enja Records

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vorgarten

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gypsy-tail-wind

Karl Berger / Dave Holland / Ed Blackwell – Crystal Fire |
Das Trio hier ist natürlich toll, der atmende Bass, die dunklen Drums, die mal dahinrollen, dann wieder scheppern … sehr toll z.B. in „Primordial Innocence“, dem mittleren Teil der Suite. Nicht zu greifen kriege ich das Piano, weniger jedenfalls als das sehr klar klingenden Vibraphon (Hutcherson-Schule mit fast glockenartigem Klang), das mir sehr gut gefällt. Die Verzahnung des auf mich irgendwie oft sehr einfach wirkenden Spiels von Berger (noch mehr am Klavier denn am Vibraphon – aber das mag alles völlige Täuschung sein) mit den Drums von Blackwell ist klasse, Holland ist immer da, wo er sein muss. Was Blackwell angeht, finde ich gerade den Vergleich mit Max Roach interessant: das Snare-Solo am Ende der Suite mit den gelegentlichen Becken-Punktierungen … das hat eine ähnliche Haltung wie Roachs Spiel, klingt aber dennoch völlig anders. Aber natürlich klingt das in erster Linie nach Ed Blackwell – und das ist ja irgendwie immer super, auch wenn ihm noch nie durch die Stationen und Jahre gefolgt bin. Und irgendwo in der zweiten Hälfte, bei „Getting There“ und auch „Go with It“, fühle ich mich ein wenig an die Musik von Herbie Nichols erinnert. Und klar, der Geist von Ornette Coleman weht hier ständig durch – nicht nur im Funktionieren der Rhythmusgruppe sondern auch im Material von Berger. Das Trio wirkt auf mich jedenfalls hellwach, sehr reaktionsschnell, total offen – das funktioniert alles sehr gut. Muss ich öfter hören, hat sehr viel Potential – aber heute würde ich das noch nicht als Lieblingsalbum bezeichnen, weil es ich anfühlt, als hätte es noch längst nicht verstanden.

ich bin auch etwas irritiert über mich selbst, dass ich das einerseits alles ziemlich super finde, aber keine begeisterung entwickeln kann. ich kenne TRANSIT vom gleichen trio (auf black saint) ein bisschen besser, da geht es mir aber genauso. für mich ist das alles klar auf ornette coleman bezogen, die kompositionen könnte so auch eine KI entwickeln, wenn man sie vorher mit der colemans atlantic-box füttert… und dann natürlich: blackwell. aber ich merke, dass ich da nach 5 stücken abschweife, das album ist einfach viel zu lang und die musik zu gleichbleibend in anlage und dynamik. interessanterweise geht es mir mit bergers instrumentenwahl genau anders herum, ich mag das klavier lieber als das vibrafon. aber beides ist einfach sehr abgezirkelt, selbstgenügsam, fast destilliert. ich habe dafür viel bewunderung, aber bleibe – wie man merkt – distanziert.

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