Antwort auf: Enja Records

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Nat Adderley Quintet – The Old Country | Das nächste Album ist dann wieder eine AlfaJazz-Produktion, die anscheinend in Japan schon 1991 und erst ein Jahr später bei Enja in Deutschland folgte. Ist unerheblich, weil das eh nicht in die Nähe der Favoriten gelangt. Adderley klingt aber auf dem öffnenden Titelstück, das er auch komponiert hat (von den Brüdern war er ja eh der mit den richtig guten Stücken) wahnsinnig elegant, fast so geschmeidig wie Art Farmer, den man bei Enja auch selten mal hören kann – und der in Japan enorm geschätzt wurde. Wie das mit Nat Adderley war, ist mir nicht genauer bekannt, aber schon zu Zeiten des Cannonball Adderley Sextet tourten sie erfolgreich im Land. Den Part von Cannonball übernimmt hier nicht zum ersten oder letzten Mal Vincent Herring am Altsax, der mit einem ähnlich gewichtigen Ton glänzt und auch einige typische Cannonball-Licks drauf hat. Als Rhythmusgruppe wirken Bob Bargad (p), James Genus (b) und Billy Drummond (d) mit – Schwergewichte wohl, aber beim anderen späteren Adderley-Album, das ich kenne, dem ein Jahr früher aufgenommen „We Remember Cannon“ sind zumindest die Bass- und Drum-Posten mit Walter Booker und Jimmy Cobb prominenter und mit Leuten, die schon damals dabei waren, besetzt.

Im Booklet gibt es einen Auszug aus einem Interview aus Cadence mit der Frage, wie es nach Cannonballs Tod weitergegangen sei – dieser starb im August 1975, mehr als fünfzehn Jahre bevor „The Old Country“ am 5. und 6. Dezember 1990 im Clinton Recording Studio aufgenommen wurde. Vincent Herring wird als eine Art Wiedergängen angepriesen, Adderley weist dann allerdings darauf hin, dass Jeff Clayton noch mehr nach Cannonball klingen würde. Das Material stammt zum Teil aus dem alten Repertoire: „Bohemia After Dark“ (Oscar Pettiford), „Jeannine“ (Duke Pearson), „Love for Sale“ und „One for Daddy O“ von „Somethin‘ Else“, „The Chant“ (Victor Feldman) und als Closer „Nippon Soul“ von Cannonball Adderley. Dazwischen sind auch noch ein Stück von Herring („Almost Always“, eine sehr schöne Ballade) und „Stella By Starlight“ zu hören. Das ist eine durchaus schöne Session, die aber ohne irgendwelchen Besonderen Etwasse auskommen muss. Eleganter, sehr clean aufgenommen Hard Bop (Genus klingt tausendmal besser als Brown bei Roach), halt alles recht vorhersehbar. Die dunkel klingende Rhythmusgruppe und die feinen Soli von Bargad (den kenne ich gar nicht, geboren 1962, u.a. bei Kenny Barron als Schüler, 1984 nach New York, Gigs mit älteren Leuten, Sängerinnen, den Harper Brothers und anderen Young Lions, seit 2004 in Europa mit Jobs als Dozent via Regensburg, Wien und Kumpendorf [wo?] nach Klagenfurt kam, wo er am Kärntner Landeskonservatorium landete, das heute Gustav Mahler Privatuniversität für Musik (GMPU) heisst und wo er als Professor weiterhin tätig ist).

(Wiki sagt 1990 auf Alfa, 1992 auf Enja; meine CD sagt (P) 1991 Alfa, (C) 1992 Enja; die Japan-Ausgabe ist auf Discogs undatiert, auf der als Scan vorliegenden Traycard steht (P)(C) 1991 Alfa und keinerlei Hinweis auf Enja.)

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