Antwort auf: Enja Records

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gypsy-tail-wind
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vorgarten
franco ambrosetti, after the rain (2015)
MOVIES ist das ambrosetti-album, das filtgen vorstellt, AFTER THE RAIN ging wohl eher unter, aber ambrosetti bleibt so oder so für mich ein rätsel – die all star bands, die feuilletonistischen konzepte (hier geht es um den einfluss von john coltrane auf musiker seiner generation – es gibt auch zwei coltrane-kompositionen, die originalkompositionen aber könnte von ihm kaum weiter weg sein), die relativ glanzlose eigene stimme… ich hab das hier blind gehört, wusste nur, dass es ein ambrosetti-album ist. osby hab ich erkannt, bei carrington hatte ich eine leise vermutung, der pianist gefiel mir ausgesprochen gut (überhaupt das pianotrio im kern ist hier das, was spaß macht), aber ambrosetti selbst kam mir fast schludrig vor, und noch schlimmer fand ich das sopransax, der permanent den höhepunkt sucht, aber es weder technisch noch emotional hinbekommt – das ist dann wohl ein sohn? einen teil davon kann man wohl „charmant“ nennen, einen anderen wirklich hochklassig – aber die ressourcen muss man erstmal haben, um das zusammenzubringen…

Das Album liegt hier auch noch … kenne es noch gar nicht, irgendwann von 2-3 Jahren mal bei irgendwas anderem mitgekauft.

Flavio (1919-2012) war der Vater, der leider nur wenig aufgenommen hat. Er war einer der ersten in der Schweiz, die Bebop konnten und auch einer der ersten, der zum Hard Bop weiter ging. Flavio Ambrosetti ist auf „Franco Cerri and His European Jazz Stars“ dabei (1959 mit Flavio Ambrosetti, Lars Gullin, George Gruntz, Michael [eigentlich: K.T.] Geier, Pierre Favre..

Franco, der Sohn (*1941), machte früh Musik, studierte Wirtschaft, übernahm dann die Familienfirma (CH/IT): „Ambrosetti Industrial Group produced steel wheels for vehicles and landing gears for airplanes, counting 600 employees. Franco joined the family company in 1973 as Vice President, then became CEO and later Chairman. In 2000 he sold the business in order to concentrate on his musical career“, wie in der ausführlichen Biographie von Franco hier zu lesen ist:
https://www.francoambrosetti.com/biography/

Die 1972 unter dem Namen The Band von George Gruntz, Flavio Ambrosetti, Franco Ambrosetti und Daniel Humair als Co-Leader gegründete, ab 1978 als The George Gruntz Concert Jazz Band unter alleiniger Leitung Gruntz‘ erfolgreich gewordene Big Band hatten wir bei ECM schon kurz, bei Enja taucht sie (bei mir ziemlich bald, Katalognummer 6004) auch wieder auf. Aber damit hatten die Ambrosettis bald nichts mehr zu tun, Aufnahmen aus der Frühzeit kenne ich nicht wirklich, da gibt es auf MPS was, aber ob und wie lang die Ambrosettis da wirklich dabei sind (oder Humair) weiss ich nicht.

Eine von Enjas richtig schönen Compilations ist jedenfalls „Anniversary“, ein Karriererückblick von Flavio Ambrosetti, zwei CDs und gutes Booklet:

Gianluca (*1974) ist dann der Enkel (Sohn von Franco) – für den ich mich allerdings nie interessiert habe … manchen Aufnahmen von Franco und auch seiner wie ich finde durchaus eleganten Trompete kann ich einiges abgewinnen, aber man könnte die Familiengeschichte vielleicht auch als eine Art Niedergang über Generationen sehen (also: Franco ist vielleicht der interessanteste Musiker, Flavio – das passt dann ganz gut ins „Buddenbrooks“-Schema – noch recht gut und vor allem erfolgreich …)

EDIT: hier noch Ambrosetti im O-Ton (Englisch) über seine berufliche Laufbahn:
https://www.ticinowelcome.ch/en/canton-ticino-e-oltre/personaggi-canton-ticino-e-oltre/franco-ambrosetti-una-duplice-esistenza/

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