Antwort auf: Enja Records

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Jim Pepper / Mal Waldron – The Art of the Duo | Das bot sich gestern als Nachtmusik an – das dritte Album auf Tutu aus dem Jahr 1989 (das zweite mit der Katalognummer 888 004 bzw. 104 für die CD kam von Simon Nabatov und hier ist wie beim ersten die LP 1988, die CD 1989 herausgekommen – zumindest gemäss Discogs). Vielleicht zeichnet sich hier auch schon die Muskeljazz-Schiene ab, die bei Tutu vorherrschen sollte: Jim Pepper, Simon Nabatov, Nicolas Simion neben Mal Waldron, der sich ja ganz gut in dieses Umfeld einfügt, auch wenn er von woanders kommt.

Das Duo von Mal Waldron mit Jim Pepper ist ziemlich gut – nicht so toll wie die zwei Alben mit Marion Brown finde ich (ob ich mit dem Waldron/Shepp-Duo in diesem Leben noch klar kommen werde, weiss ich noch nicht), aber schon stark. Es gibt auch mal längere Solo-Passagen, z.B. Peppers Annäherung ans Thema von „Over the Rainbow“, das auf der CD gleich zweimal am Stück zu hören ist – was ich in diesem Fall eine recht gute Idee finde, denn die beiden Takes sind kurz (2:27 und 3:23). Es gibt noch zwei CD-Only-Tracks („Bonustracks“ sind das ja nicht, der verfügbare Platz auf dem neuen Medium wurde halt genutzt), das direkt auf den CD-Only Take 2 von „Somewhere“ folgende „Spinning at Trixi“ sowie „How Long Has This Been Going On?“, ein Gershwin-Favorit von mir. Zusammen „15:26 more music than the record TUTU 888 006“, wie auf meiner Ausgabe hinten auf der Traycard steht (bei „Mal, Dance & Soul“ ist auch so eine Bemerkung zu finden, dort ist das CD-Only-Material noch umfangreicher; bei späteren Ausgaben fiel die Bemerkung dann wohl weg).

Musikalisch ist das wie gesagt ganz gut, ich höre Pepper einfach immer gerne – aber der Eindruck ist leider auch, dass er selten in einem Umfeld zu hören ist, in dem er völlig aufblühen kann (ich warte noch auf „Dakota Song“, darauf bin ich sehr gespannt). Mit Waldron sind das für meine Ohren bisher am ehesten die zwei Live-Alben im Quartett, „Vol. I Quadrologue at Utopia“ (das dürfte in der Enja-Umfrage mitspielen) und „Vol. II More Git‘ Go at Utopia“ (das fällt raus, kam erst 1994, vier Jahre später, heraus, als keine Enja-Bemerkungen auf den Hüllen zu sehen sind). Im Duo spielen die beiden je drei Originals von Waldron und von Pepper („A Pepper Poem“ kommt in zwei Teilen, vier Tracks, drei Stücke), dazu Stücke von Monk („Ruby My Dear“) und Dameron („Good Bait“) sowie neben Arlen/Harburgs „Over the Rainbow“ und dem Gershwin-Song auch noch Porters „What Is This Thing Called Love“. So richtig festhaken tut sich hier leider nichts, auch wenn es immer wieder wunderbare Momente gibt, eben z.B. bei Monk und beim Regenbogen (in der Otto Piene-Ausstellung, die ich gestern sah, wurde auch der Regenbogen dokumentiert, den er 1972 für Olympia in München errichtet hatte), das Riffen von Waldron funktioniert im Duo teils anders, er klingt vielleicht etwas weicher, weniger insistierend. Aber vielleicht sind das hier am Ende doch zwei Solitäre, die zusammenfinden müssen, was mal besser, mal weniger gut klappt? Mein Urteil ist hier auch nach Jahren in der Schwebe, ich warte irgendwie noch immer auf besseres Verständnis dieser Aufnahmen …

Zum TUTU-Katalog (gemäss Discogs), so lange er hier relevant ist; 008/108 war vermutlich das letzte, das sowohl auf LP (008) wie CD (108) herauskam:

888 002/102 – Mal Waldron Trio – Mal, Dance and Soul (1988/1989)
888 004/104 – Nabatov, String Gang & Percussion – Inside Lookin‘ Out (1988/1989)
888 006/106 – Mal Waldron, Jim Pepper – Art of the Duo (1989)
888 008/108 – David Murray, Dave Burrell, Wilber Morris, Victor Lewis – Lucky Four (1989)
888 110 – Various – Int. Jazzfestival Münster (1990)
888 112 – Frank Ku-umba Lacy – Tonal Weights & Blue Fire (1991)
888 114 – Bigfood – Semi Precious Metal (1990)
888 116 – Gunther Klatt & Aki Takase Play Ballads of Duke Ellington (1990)
888 118 – Mal Waldron Quartet Feat. Jim Pepper – Vol. I Quadrologue at Utopia (1990)
888 120 – Dannie Richmond Quintet – Three Or Four Shades of Dannie Richmond Quintet (1991)
888 122 – Marty Cook Group Featuring Monty Waters – Borderlines (1991)
888 124 – Ed Schuller & Band – The Eleventh Hour (1992)*
888 126 – D3 (3) – Spontaneous Combustion (1991)
888 128 – Hamiet Bluiett – …If You Have To Ask…You Don’t Need To Know (1991)
888 130 – Brother Virus – Happy Hour (1991)
888 132 – Jack De Salvo, Arthur Lipner – Art of the Duo: Liquide Stones (Jahr?)
888 134 – Nicolas Simion Group – Black Sea (1992)
888 136 – Gordon Lee Quartet – Land Whales in New York (1992, zuerst 1990 auf Gleeful Music)
888 138 – vermutlich übersprungen
888 140 – Monty Waters‘ Hot House – Live in Paris, Volume One (1991)
888 142 – Enver Izmailov – At a Ferghana Bazaar (1993)
888 144 – Uli Lenz & Nomakosazana – Trouble in Paradise (1993)
888 146 – Nicolas Simion Quartet – Dinner for Don Carlos (1993)

Und dann ist TUTU keine Division of/from ENJA mehr …

888 148 – Mal Waldron Quartet Feat. Jim Pepper – Vol. II More Git‘ Go At Utopia (1994)
888 150 – Jim Pepper – Remembrance (1994)

usw., bis in die frühen Nuller verlangsamend noch regelmässige Veröffentlichungen, in den Zehnern 2013 und 2014 dann noch je ein Nachzügler … aber ich habe keine Ahnung, wie komplett Discogs da ist. Es scheint jedenfalls 1994 einen Schnitt zu geben, ab da ist dann zwar die Adresse noch dieselbe (Max-Zimmermann-Strasse 2, 82319 Starnberg – musste grad nachgucken, ab 1993 hattet ihr fünfstellige PLZ, den Zeitpunkt des Wechsels hatte ich nicht mehr präsent), aber die klaren Hinweise auf Enja sind verschwunden.

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