Antwort auf: Enja Records

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gypsy-tail-wind
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Archie Shepp – Soul Song | Von dem Album bin ich bisher nur halb begeistert, wie hier auch längst bekannt ist … das öffnende „Mama Rose“ ist schon ein ziemlicher Trip, aber am besten finde ich es dann halt in der gesungenen Passage, wenn DeBriano/Smith etwas runterkommen, das nicht sehr zielstrebige Sopransaxophon Pause hat und auch Werner sich irgendwie einzufügen schafft. Irgendwie hört sich das für mich nach viel Druck an, der verpufft, weil niemand einen Plan hat, wohin man das alles kanalisieren könnte. Im kurzen „Soul Song“ setzt Werner dann den erstmal Ton: eine Ballade mit Shepp am Tenor, nach einer Weile wird aus dem langsamen Rubato ein schnelles Riff und die Ballade ist vorbei, Shepp rotzt ein paar Töne (sein Sound am Tenor ist schon super!), macht dann lange Pause, während die Band rifft. DeBrianos Basss ist nicht schön aufgenommen, Werners Klavier eigentlich auch nicht (es hat keinen Körper, viel zu viel Höhen), Smith hat ein Steh-Tom (?), das wie aus einem Pop-Drum-Kit klingt und spielt gerne die Glockensounds auf den Becken, die viel zu sehr zudecken … so viel zum Versuch, konkret zu beschreiben, was ich nicht mag. Mit Shepp selbst hat das wohl am wenigsten zu tun. Also weiter mit „Geechee“, dem 18minütigen Stück, das die ganze B-Seite der LP einnahm. Da geht die Post dann schon ziemlich ab, Shepp ist jetzt am Tenor, scheint aber manchmal von der Jungmannschaft fast etwas zugedeckt, in eine Ecke gedrängt zu werden – so richtig fokussiert wirkt das auch nicht, aber gefällt mir schon etwas besser als die erste Seite. Seit 1997 ist dann noch „My Romance“ als Bonustrack mit dabei – und ist das vielleicht mein Highlight? Jedenfalls eine sehr schöne Version, die ein wenig nach Ellington klingt. Das Album entstand am 1. Dezember 1982 im Studio N in Köln (G. Kaspar ist als Tonmeister angegeben – Günther gemäss Discogs… hat auch Heino, die Kelly Family und für Enja später einige der Alben von Rabih Abou-Khalil aufgenommen; keine Erwähnung eines Masterings in Ludwigsburg).

Weil Enja keinen Bock hatte, Daten auf Hüllen und Label zu drucken, ist mir unklar, ob das oben – dass 1983 schon LPs und CDs parallel erscheinen – ein Irrtum ist. Hier ist es wie es scheint nicht so, denn nach diversen LP-Ausgaben 1982 (Japan, Kanada) und 1983 (Deutschland, Portugal) gibt es bei Discogs 1989 eine Kassette (DE) und erst 1997 eine CD, die Ausgabe der 25th Anniversary Series, die ich wiederum seit ca. damals habe (in derselben Zeit wie „Steam“ gekauft und im direkten Vergleich und in Unkenntnis von fast allem weiteren von Shepp sehr enttäuschend gefunden – viel schwächer noch, als ich das heute höre).

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