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Woody Shaw – Lotus Flower | Einen knappen Monat früher, am 7. Januar 1982, wurde im selben Studio das einzige Enja-Album von Woody Shaw eingespielt. Nachdem sein Columbia-Vertrag abgelaufen war, wollten wohl alle mit ihm arbeiten. In den frühen Achtzigern erschienen neben diesem Enja-Album auch Alben bei Elektra/Musician, beim früheren Label Muse, und 1985 dann sogar mit Freddie Hubbard bei Blue Note. Wie bei Chet Baker gibt es ein Cover mit Tümpel … aber der hier stammt wieder von Gert Chesi, was wie die Bäume auf eine exotische Location schliessen lässt. Ich habe recht lange erfolglos nach dem Album (auf CD) gesucht, es gehört also nicht zu denen, die mir besonders vertraut sind. Es gibt drei Stücke auf der ersten, zwei auf der zweiten Seite, fast wie eine klassische Blue-Note-Platte also. Pianist Mulgrew Miller, Bassist Stafford James und Posaunist Steve Turre steuern die drei Stücke der erst Hälfte bei: „Eastern Joy Dance“, „Game“ und das sehr attraktive Titelstück. Die zweite Hälfte besteht dann aus zwei Shaw-Kompositionen, „Rahsaan’s Run“ und „Songs of Song“ (korrekt wäre „Song of Songs“, die falsche Schreibweise taucht bei Enja aber immer wieder auf, es gibt auch mal noch „Songs of Songs“). Die ganzen Einflüsse – die Hardbop-Combos von Blakey oder Brown/Roach, Dolphy, Coltrane, Tyner – kann man da überall heraushören, aber was wirklich zählt ist, dass die Combo von Shaw damit etwas Eigenes macht, dabei auch sehr schöne Stimmungen aufbaut (wobei auch der besondere Sound ohne Saxophon reinspielt), ein Zusammenspiel auf hohem Niveau zelebriert, in dem Verdichtung und Entspannung, ein gutes Gespür für Dynamik zu hören sind – das ist eine echte working band, in er die Feinabstimmung bis in die Details klappt, ohne dass Routine aufkommen würde. Letzteres hat schon viel mit Shaws brillantem Spiel zu tun, aber auch Turre und Miller steuern immer wieder starke Soli bei.
Anstelle von Liner Notes gibt es in meiner CD (1990) einen Artikel über Shaw aus Sydney, ohne Quellenangabe aber mit dem Namen des Autoren, Adrian Jackson. Da gibt es eine Einordnung von Shaws Musik (im Hard Bop), ein paar Kommentare zur aktuellen Band („Melbourne jazz fans can hear them during the summer jazz week at the Met, where they will play next Monday and on Saturday 31 January – d.h. der Text ist wohl von Ende Januar 1981, denn der 31. war in dem Jahr ein Samstag), zu Shaws Vorbildern und Zitate dazu von ihm selbst. Auch wird er so zitiert: „There are people I once respected and admired, like Herbie Hancock, Freddie Hubbard, Chick Corea, who turned commercial playing electronic music which I don’t consider to be jazz.“ – Eigentlich überraschend, dass Shaw von den Neotraditionalisten nie wirklich entdeckt wurde (im Gegensatz zu Hancock, der da ja mächtig seine Finger im Spiel hatte). Das hat vielleicht mit der eigenen Sturheit zu tun: „I’m a Capricorn, a very stubborn person. I’ve made a name for myself, I know I could go electronic and make a lot of money for myself, but I’m not interested in that. I’m happy to have the chance to play the music that means soemthing to me.“
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Was ich feststelle ist, dass die Zeit der Abenteuer inzwischen seit einer ganzen Weile vorbei ist … das hat teils mit meinen Lücken zu tun (Sakata erwähnte ich gerade, wenige Alben später gab’s eins des Ganelin Trios, das später zum bei Hat Hut zum Doppelalbum erweitert wurde) … andere „Abenteuer“ gehen weniger an mich (Slickaphonics), aber generell geht die Richtung schon mehr in Richtung Mainstream in unterschiedlichen Spielweisen. Zur Illustration hier die letzten zehn Alben mit 3000er-Katalognummern:
*3081 – Phil Woods, Tommy Flanagan and Red Mitchell – Three for All
*3083 – New York Jazz Quartet – Oasis
3085 – Hannibal Marvin Peterson – The Angels of Atlanta
3087 – Franco Ambrosetti – Heartbop
*3089 – David Friedman – Of the Wind’s Eye
3091 – Bennie Wallace – Bennie Wallace Plays Monk
3093 – Gene Ammons – Gene Ammons in Sweden [rec. 1973]
3095 – Freddie Hubbard – Outpost
3097 – Eddie „Lockjaw“ Davis – Jaw’s Blues
3099 – Hampton Hawes – Live at the Jazz Showcase, Chicago Vol. 1 [rec. 1973]
Die ersten zehn 4000er zeichnen kein völlig anderes Bild:
*4002 – Akira Sakata – Dance
4004 – John Scofield – Shinola
4006 – Hal Galper Quintet – Speak with a Single Voice [Reissue]
4008 – Prince Lasha – Search for Tomorrow [Reissue]
4010 – Mal Waldron – What It Is
4012 – Aki Takase Trio – Song for Hope
4014 – Tommy Flanagan – Confirmation
4016 – Chet Baker – Peace
4018 – Woody Shaw – Lotus Flower
*4020 – Pat Peterson – Introducing Pat Peterson
*) heisst, die Alben kenne ich nicht
EDIT: 3083, 3089 und 4002 habe ich nachgeholt, vgl. Index, Peterson auf YT gestreamt.
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