Antwort auf: Enja Records

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gypsy-tail-wind
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Chet Baker – Peace | Zwei ziemlich unterschiedliche Trompetenalben stehen als nächstes an. Das erste habe ich auch seit den Neunzigern (CD von 1998, fürs Cover wurde ausser Bakers Namen alles wegretuschiert) – das und „Strollin'“ waren mein Einstieg in die Welt des späten Chet Baker, wobei „Peace“ dafür überhaupt nicht typisch ist. Schon die Besetzung mit Marimba/Vibraphon von David Friedman sowie Buster Williams und Joe Chambers lässt das erahnen, und es geht auch so frei und abenteuerlich zu und her wie auf keinem anderen mir bekannten Album von Baker. Und Baker ist über das ganze Album hinweg in hervorragender Verfassung. Die Aufnahme entstand am 2. Februar 1982 in den Vanguard Studios in New York (David Baker), in meiner CD steht „Remixed for Compact Disc release in October 1987 at Trixi Studio, Munich. Remix supervised by David Friedman.“ Das scheint sich auf die Ausgaben ab 1989 zu beziehen, es gab aber schon 1986 CD-Reissues, auf der damaligen Japanischen Ausgabe fügte man am Ende einen Alternate Take vom Opener „3 + 1 = 5“ und nochmal „Peace“ an. Der Opener hiess auf der Platte noch „Syzygies“ und stammt wie der Grossteil des Materials von Friedman (das zweite „Peace“ fehlt auf meiner dt. CD von 1998, ist aber z.B. auf der 2018er-CD aus Japan auch dabei – und auf der 2021er-CD in der „Enja Jazz Classics“-Reihe als „prev. unreleased“, aber die Reihe ist ja nicht so der Bringer). Es folgten Horace Silvers „Peace“, Friedmans „Lament for Thelonious“ (er starb 15 Tage nach der Aufnahme), das nach einem balladesken Intro zu einem mittelschnellen Walzer wird (die Phrase, die Baker von 4:41 bis 4:43 spielt, könnte von Miles Davis 1957 oder so stammen, „Miles Ahead“). Dann mit „The Song Is You“ ein zweiter Standard und nochmal zwei Friedman-Stücke, „Shadows“ (ein Duett von Baker und Friedman, sehr klangschön) und „For Now“ (noch ein Walzer). Der Klang der ganzen Platte ist kristallin, egal ob Friedman Marimba oder Vibraphon spielt. Bakers Ton ist wunderschön, „Peace“ reiht sich in seine grossen Balladen-Performances ein. Joe Chambers, auch ein sehr transparent aufspielender Musiker (sein Solo in „Lament for Thelonious“!) und erweist sich als perfekte Wahl. Buster Williams bleibt meist in der Tiefe, hat aber durchaus Raum, um da und dort etwas aufzufüllen, ohne dass die Musik deshalb an Klarheit verlieren würde. Kein direkter Favorit, aber ein wunderschönes Album.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba