Antwort auf: Enja Records

#12288137  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,169

Cecil McBee – Music from the Source | 2. August 1977 im Sweet Basil … schon lange gab’s kein richtiges Bass-Album mehr bei Enja – und wohl noch gar keins, das so schwarz und so tief geklungen hat. McBees „Agnez (with respect to Roy Haynes)“ füllt mit 19 Minuten die erste Seite, auf der zweiten gibt es das achtminütige „God Spirit“ (McBee) und – wieder mal eine lange LP-Seite – „First Song in the Day“ von Hal Galper, 17 Minuten lang. Cecil McBee ist als „producer“, auf der CD später zusätzlich Weber als „e. producer“ aufgeführt, Bob Cummins hat aufgenommen, David Baker abgemischt. Joe Gardner (t, flh) und Chico Freeman (ts, fl), Dennis Moorman (p), Steve McCall (d) und Don Moye (perc) sind mit dabei. Freeman braucht sich vor Adams in Antibes kaum verstecken, die Musik ist hier aber dunkler, wuchtiger, was sicher mit den zwei Drummern und dem Piano zu tun hat. Der Opener geht jedenfalls schon mal ziemlich durch die Decke! Ein langes Conga-Solo führt irgendwann zurück zum Thema, und dann geht es mit unbegleitetem Piano weiter, bis das Stück ganz still verklingt. McBee nimmt sich den Platz, der ihm als Leader gebührt, im zweiten Stück bleibt es fast durchgängig beim Rubato und McBee lässt seinen Bass im Solo auch mal schnarren, darunter Glocken- und vereinzelt Beckenklänge, hingetupftes Klavier. Eingerahmt wird seine Performance von Gardner, der das Thema vorstellt. Dieser hatte u.a. schon mit Paul Jeffrey und Charles Mingus gespielt, gehörte um den Dreh herum auch zur Big Band von Frank Foster und später zu der von Clifford Jordan. Das dritte Stück ist dann wieder schneller, über einen kreisenden Groove, den erst die beiden Trommler so toll machen, soliert als erstes Chico Freeman mit singendem Ton, und schon nach zwei, drei Minuten kocht das ziemlich. Nach sieben Minuten oder so übernimmt Gardner, tänzelnd, sich mit den unkonventionell rumpelnden Drums verzahnend, dann über diesen schwebend. Das entwickelt einen irren Sog. Danach sind Moorman und zuletzt der Leader an der Reihe – und ich denke schon die ganze Zeit: Wie gerne wäre ich an den Abenden im Sweet Basil dabei gewesen!

Pianist Dennis Moorman (1940-2002)scheint abgesehen von den beiden bei Enja veröffentlichten McBee-Alben („Compassion“ wurde am Folgetag mitgeschnitten und erschien ein Jahr später, 1979 bei Enja) nur noch zwei Credits von 1982 zu haben: sein Solo-Album „Circles of Destiny“ bei India Navigation und „Destiny’s Dance“ von Chico Freeman auf Contemporary. Letzteres wäre ein Fall für den Faden, der von den Traditionalisten zu den Neocons führt, denn neben dem Leader sind dort u.a. auch Bobby Hutcherson und McBee Seite an Seite mit Wynton Marsalis und Ronnie Burrage zu hören (Moorman spielt nur auf der Hälfte der Tracks, ich kenne das Album bisher nicht).

Das Coverfoto ist wohl wie schon das von „Moods“ von einem gewissen Gert Chesi.

Und mal so als Frage: Warum wird so eine Platte von den Spiritual-Jazz-Fans eigentlich nicht abgefeiert? Weil zwei bärtige Deutsche Pfeifenraucher dahinter stecken?

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba