Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Enja Records › Antwort auf: Enja Records
Albert Mangelsdorff / Masahiko Sato / Peter Warren / Allen Blairman – Spontaneous | Hierfür fehlen mir irgendwie die Worte – aber das Ergebnis ist perfekt. Aufgenommen wurde „Spontaneous“ schon am 8. November 1971 im Audio-Studio Berlin, und anscheinend kam es auch schon 1972 heraus? Ich bin ja inzwischen 1975 angekommen, aber so geht das halt, wenn ein Label keine schlaue Nummerierung seiner Platten zustande kriegt (die Angst vor ungraden Zahlen … weiss da von der hier vergleichsweise zahlreichen Jazz-Podium-Leserschaft niemand was dazu? Dort wurden Weber und Winckelmann doch bestimmt dutzende Male interviewt und portraitiert?) … „eerie“ ist ein Wort, das mir recht schnell einfällt, Satos Musik habe ich hier im Faden schon als „rätselhaft“ beschrieben, das bleibt sie auch hier für mich. Er ergänzt sein Klavier durch einen „Modulator“, was zu seltsam verfremdeten Klängen führt, die oft etwas metallisch Schepperndes haben, was wiederum zu Blairmans seltsam gestimmten Trommeln und Becken hervorragend passt. Warren spielt oft einen tieferen Bass auch als Woode (der direkte Vergleich) und sowieso als Mraz – 1971 gehörte er ja fix zum Enja-Stammpersonal. Wenn er zum Bogen greift, fügt sein Sound sich erst recht perfekt in diese seltsamen Soundscapes ein, die hier irgendwie organisch zu wachsen scheinen. Und Mangelsdorff? Der findet in den anderen dreien kongeniale Partner und bringt seine eigene Palette an Klängen rein, inklusive Multiphonics und gleichzeitigem Singen und Spielen, aber vor allem natürlich seine beste Eigenschaft, die @vorgarten besonders herausgestrichen hat, die Fähigkeit zum melodischen Spiel im freien Jazz. Vier Stücke gibt es, je eins von allen Mitwirkenden: „Voices, Noises, Lungs ’n‘ Tongues Strings and Things“ heisst der Opener von Mangelsdorff (gingen die Kommas aus?), dann folgt Blairmans „Roots to Moods“, Warrens kurzes „Ludwig van Watches“ und zum Ausklang Satos „Cosmpolitans“. Auf der CD folgt dann noch „Almapela“ – das MPS-Schema (Zo-Ko-Ma, Zo-Ko-So un-so-wei) ausgeliehen steht das wohl für Albert, Masahiko, Peter und … Lallen (oder so ähnlich?) und ist ein kollektiv erarbeitetes Stück. Wie vielleicht ja die vier davor auch? Jedenfalls ist mehr Musik davon ein Gewinn – dieses Album könnte auch zwei Tage dauern und ich wäre begeistert! Und daher bedaure ich auch gerade sehr, das ich es noch fast nie angehört habe (2019 die CD von 2014 gekauft … u.a. unsere kollektiven Höraktionen, die danach ja etwas häufiger wurden, haben wohl häufigeres Anhören verhindert ). Bei Discogs ist ein stark vergilbtes Exemplar (1972) zu sehen, 1975 sah die Platte dann wohl so aus:
Und neben CD-Reissues und einem BE! Jazz Vinyl-Reissue (Bootleg? Oder haben die auch mal was so gemacht, wie es sich gehört?) ist auch eine CH-Ausgabe auf Intercord zu finden, mit bemerkenswertem surrealistisch wirkenden Foldout-Cover (die Credits kann ich nicht wirklich lesen, Carolyn Clark, von der auch das Werk auf dem Cover der Originalausgabe von Karl Bergers „We Are You“ (Calig, später auch bei Enja) dürfte die Künstlerin sein:
Die Platte ist undatiert, aber es wird überall auf Enja Bezug genommen und Weber/Winckelmann werden als Produzenten genannt. Anders ist allerdings die Reihenfolge der Stücke – und die Kommas sind auch nicht ausgegangen, das Mangelsdorff-Stück ist vollständig (sogar inkl. Oxford-Komma) mit Kommata versehen. Dafür wird der Modulator nicht erwähnt, den Sato einsetzt.
Fazit: Direkt nach dem ersten einigermassen heftigen Aussetzer (an der Musik liegt’s nicht) der nächste Anwärter auf einen Listenplatz!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba