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Mal Waldron – Up Popped the Devil | Davon habe ich nur eine Kopie – von der 2003er-Enja/Weber-CD, und die klingt dumpf. Beim „African Space Program“ kommt das Studio an die Grenzen (das gleiche WARP Studio in NYC wie hier), aber hier ist irgendwas mit Dolby C überspielt worden, befürchte ich. Mal schauen, ob’s die japanische CD von 2020 noch gibt und ob die besser klingt.
Wer nach dem später zum Zen-Meister gewordenen Brand hier den Zen-Meister-Kollegen Waldron erwartet, wird sich zunächst wie ich vorhin etwas erschrecken, denn das Titelstück geht recht ruppig und dissonant los. Reggie Workman glänzt später in einem ersten Solo, Billy Higgins macht wenigstens so viel Spass wie Roy Brooks auf dem Album davor. Im zweiten Stück, „Space Walk“, kommt noch Carla Poole an der Querflöte dazu, die später länger mit Charanga 76 gespielt hat, einer in Miami basierten kubanischen Tanz-Band. Die Flöte leuchtet in diesem klangmalerischen Stück ein, Workman spielt arco, Higgins mit Besen … das ist freier und abenteuerlicher als die Live-Aufnahmen aus dem Domicile – und ebnet vielleicht auch irgendwie den Weg zu Alben wie „Hard Talk“ oder „One-Upmanship“, die wenig später folgen sollten.
Mit „Snake Out“ und „Changachangachanga“ gibt es auf Seite B dann die Riff-Stücke, in denen Waldron vom ersten Beat an in die Vollen greift. Higgins scheint oft zu trommeln (aber ich höre dumpf, dass er auch mal die Becken benutzt), Workman rennt, während Waldron in irrem Tempo an Ort und Stelle tritt, sich im Kreis dreht, auch mal einen Purzelbaum schlägt – manchmal wirkt das auf mich ein wenig so, als würde er Monks Tanzschritte, wenn der sich vom Klavier erhebt, musikalisch abbilden. Im langen, tollen Bass-Solo gegen Ende klingt es wieder so, als scheppern eher aus Versehen ein paar kleine Glocken oder sowas mit, Higgins spielt aber tatsächlich ein wenig was, vielleicht ist das alles von ihm? Schwer zu sagen beim dem Sound.
Das ist alles ziemlich irre, voller scharfer Ecken und harter Kanten, wie sie bei Waldron selten zu hören sind. Und es klingt ziemlich düster, aber das könnte auch wieder am schlechten Sound meiner Ausgabe liegen. Der Herbst 1973 im Studio WARP war jedenfalls mit den zwei Alben mehr als ergiebig – ob Horst Weber, der auf beiden als Produzent gelistet ist, wirklich dort war, weiss ich nicht. Ich vermute ja, wenn ich die Credits der anderen Alben aus der Zeit anschaue (bei Peter Warren sind Weber/Winckelmann als „exec. producers“ gelistet, bei „Live at the Festival“ nur fürs Coverdesign).
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