Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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yaiza

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hier auch noch ein Nachtrag von mir…

20.01.2024
Vogler Quartett (Tim Vogler, Frank Reinecke, Stefan Fehlandt, Stephan Forck)
Konzerthaus Berlin, Kleiner Saal

Louis Théodore Gouvy: Streichquartett Nr. 5 c-Moll op. 68
Erwin Schulhoff: Fünf Stücke für Streichquartett
Giuseppe Verdi: Streichquartett e-Moll

Die Fünf Stücke für Streichquartett wurden eingerahmt von zwei Streichquartetten, die in den 1870ern komponiert wurden. Eine Verbindung könnte schon auch Mendelssohn als Vorbild darstellen. Von Louis Théodore Gouvy war mir bisher nur der Name bekannt (durch eine CD mit vierhändigen Klavierwerken des Duos Tal Groethuysen). Gespielt wurde sein 5. Streichquartett. Laut dig. Programmheft (ich kaufe die Printausgabe nicht mehr, da kein Fan des neuen Formats) nimmt es „den höchsten Rang unter seinen Beiträgen zu dieser Gattung“ ein. Ich weiß gar nicht, ob es Aufnahmen gibt… vielleicht höre ich mal weiter. Ich fand es auf jeden Fall interessant, etwas von Louis Théodore Gouvy zu hören und im Vorfeld mehr zum Komponisten und seinem Spagat zwischen zwei Nationen zu lesen.
In der Mitte des Konzerts dann die Fünf Stücke von Schulhoff. Da diese 1923 komponiert wurden, erfuhren sie im letzten Jahr eine höhere Aufmerksamkeit; u.a. spendierte Dlf Kultur eine 2h-„Interpretationen“-Sendung, es gab eine neue Einspielung durch das Schumann Quartett… Ich habe es genossen, diese „fünf Masken“ (Alla valse viennese/serenata/czeca/tango milonga/tarantella) live zu hören. Ich denke, es war Harald Eggebrecht, der in der Interpretationen-Sendung wiederholt darauf einging, dass Schulhoff den Interpreten „immerzu Stöckchen zwischen die Beine wirft“,um nicht wirklich nach Walzer usw. zu klingen. Das fand ich dann auch spannend beim Vogler Quartett zu verfolgen.
Nach der Pause wieder Rückkehr in die 1870er. Das Vogler Quartett begann nicht gleich mit dem Verdi Streichquartett, sondern stieg zu Erläuterungszwecken mit dem Anfang des Kopfsatzes von op. 44/2 von Mendelssohn ein. Dieses Streichquartett soll Verdi bei einer Aufführung gehört haben. Er war sehr begeistert und fühlte sich inspiriert, ebenfalls ein Streichquartett zu komponieren (beide Quartette stehen in e-Moll). Von diesem Quartett wurde inzwischen die Erstfassung von 1873 gefunden (das Vogler Quartett war mit der Aufführung im März 2023 betraut; bisher wurde die überarbeitete Fassung von 1876 gespielt). Es folgte eine sehr schöne Einführung vom 2. Geiger Frank Reinecke kurz zur Kontaktaufnahme des Leipziger Uni-Prof. und Historikers Axel Körner mit ihm und dann aus seiner Sicht als 2. Geiger zu den Änderungen. Für Zuschauer, die mit der Fassung von 1876 gut vertraut waren, war das sicher hochspannend. Aber auch ich fand es interessant, Verschiebungen von ausgewählten Parts zu hören, die das Vogler Quartett anspielte bevor es das Quartett dann ganz aufführte. Als Zugabe wurde noch eine kleine Vorarbeit von Verdi zum Streichquartett gespielt. Alles in allem, war das ein sehr sehr interessanter Abend… Am nächsten Tag hörte ich mir mal wieder op. 44/2 von Mendelssohn an – eine schöne Anregung aus dem Konzert.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/verdi-quartett-von-1873-wird-erstmals-ungekuerzt-aufgefuehrt-100.html
https://www.deutschlandfunkkultur.de/erwin-schulhoff-fuenf-stuecke-fuer-streichquartett-dlf-kultur-4d8efb3c-100.html

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