Antwort auf: Ich höre gerade … R&B!

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Ich war musikalisch in den letzten Wochen ganz woanders unterwegs. Kann man im Jazz-Forum nachlesen. Janelle Monaes The Age Of Pleasure fällt für mich daher gerade völlig aus dem Rahmen. Aber vielleicht kann man aus dieser Perspektive TAOP auch ganz gut betrachten.

Janelle Monáe – The Age Of Pleasure (2023)

Beim Hören dachte ich: Zu einer Poolparty, auf der diese Musik gespielt wird, wäre ich gerne eingeladen! Ein Cocktail aus etwas R&B, etwas Trap, etwas sonnigem Reggae und einem Hauch von Afrobeat, zwischendurch parliert Grace Jones ein paar Worte auf francais und der eine oder andere Gaststar gibt etwas zum besten. Das groovt lässig daher, ein paar Melodien bleiben hängen, ein paar beats gehen in die Hüften. Oft gehen die teilweise sehr kurzen Tracks ineinander über. Klingt fast wie eine Playlist oder ein Mix. Damit kann man eine gute halbe Stunde schon seinen Spaß haben.

Aber wenn ich bei den lyrics mal etwas genauer hinhöre, wird mir klar, worum es bei dieser Poolparty eigentlich geht. Und wenn ich die Videos zu Lipstick Lover und Waterslide sehe, befürchte ich, dass ich zu dieser Party wohl gar nicht eingeladen werde. Weiß, Ü50, männlich, hetero – da passe ich nicht so ganz in diese Gesellschaft schöner junger schwarzer Frauen, die sich lustvoll aneinander laben. Die wissen, was sie wollen, und ich gönne es ihnen! Mir selbst bleibt die Rolle des Zaungastes.

Eine musikalische Sache fiel mir noch auf. Wollen wir hier ja auch mal erwähnen. ;-) TAOP ist eine superperfekte Pop-Produktion. Da wirkten gleich mehrere Songschreiber und Produzenten mit und jeder davon hat im Studio irgendwo und irgendwie seine Spuren hinterlassen. Gesang und Beats stehen hier zwar immer im Vordergrund. Dahinter gibt es aber viele Schichten kleiner Details, die man teils zunächst gar nicht bewusst wahrnimmt. Hier ein Chor, dort ein paar Bläser, ein paar Töne auf der Gitarre oder sonstiges Gezumsel, das kurz mal herumhallt und -wabert und schnell auch schon wieder verschwindet. Das wirkt so, als sei nichts davon jemals gleichzeitig in ein und demselben Raum passiert und als seien die Musiker sich niemals persönlich begegnet. Das scheint alles irgendwo auf der Festplatte oder in der Cloud gespeichert und wird der Musik per Touchpad appliziert und geschmeidig nivelliert zusammengemischt. Das strömt locker flockig durchs globale Netz in die iPods. Klingt perfekt und funktioniert wie geschmiert. Aber ist das sexy? Wo bleibt da der Körper?

Beim letzten Stück gibt es eine schöne akustische Gitarre im Vordergrund. Die fällt richtig auf.

„Club Tropicana, drinks are free
Sex and sunshine, there’s enough for everyone
All that’s missing is the sea
But don’t worry, you can suntan“

(Club Tropicana von Wham! von 1983. Ein einziges Wort habe ich ausgetauscht)

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)