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Anonym
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Darauf, eine Einspielung, einen Mitschnitt des „Abschieds“, habe ich lange gewartet; danke Dir, hätte ich mal wieder nicht mitbekommen. Und danke auch noch für die ausführlichen Besprechungen von Jaime Laredo (und zu dem Klavierfex, den ich noch gar nicht kenne), sehr interessant. Ich kenne Laredo nur mit Gould und später mit Herrn B.s Tripelkonzert.
Gestern, heimgebracht aus einer Art Secondhandladen, Abteilung „Hörgewohnheiten sind abzulegen“:
Dass Kühn Bach schätzt, ist ja nicht neu, dass Ornette Coleman ihn (nicht zu dieser Einspielung, sondern zu so etwas wie The Diminished Augmented System ermuntert hat, lese ich jetzt erst im Booklet zu dieser CD. Die Aufnahmen sind Live-Mitschnitte vom 17. und 18.6.2001 in Duisburg resp. Köln.
Der glasklare Thomanerchor singt Komm, Jesu, komm; Der Gerechte kommt um; Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn; Jesu, meine Freude und Singet dem Herrn ein neues Lied. Das würde ja schon genügen, aber da ist also noch Joachim Kühn. Und wie das nun ablaufen wird, zeigt gleich die erste Motette. Nach dem ersten Komm, Jesu, komm folgt eine Improvisation darüber von Kühn solo. Das passt, ist aber als Idee nun nicht sehr ungewöhnlich. Das Schöne folgt aber alsbald, dann nämlich, wenn sich Kühn unter und in den laufenden Betrieb, also den Gesang der Thomaner, mischt. Wie ein Continuo, an das man sich fast obligat gewöhnen kann. Das funktioniert, technisch gesprochen, für mich also, oder erhellt und macht den Raum weit, anders gesprochen. Und mit noch anderen Worten: Eine Motette als Klavierkonzert und umgekehrt.
Außerdem noch gestern gehört, Kapitel „Splitter: Wie geht’s mit Bruckner weiter?“
Sawallisch kenne ich irgendwie (habe ihn aber vor allem als guten Klavierspieler in Erinnerung), also nicht wirklich. Diese 6. zog fast ohne Aufhorchen an mir vorüber. Ich musste mir danach mit Celibidache, was etwas unfair ist, die Ohren auswischen. Vielleicht liegt mir die 6. – oder lag sie mir gestern – nicht so sehr. Das muss ich also alles wiederholen, wollt’s nur melden.
Wie auch diese nur halbe Überraschung:
Der Ausbruch im 1. Satz hat einfach kurz – ich hatte laut gestellt – das Zimmer neu tapeziert, großartig, zum Glück nicht auf diese Cover-Weise. Ich erinnere mich, es war wie im Märchen, von nullnichts eine Ahnung, jede Entdeckung noch vor mir, überlegte, ob ich Inbals Gesamtaufnahme von Bruckner oder die von Mahler besorge (ich muss das mitbekommen haben durch die Zeitschrift „Audio“, die ich damals echt mal gelesen habe, gibt es sie noch?), irgendwo und -wann muss man ja mal anfangen, oder so, war die sekundierende Überlegung. Kurz, Hilflosigkeit. Es wurde dann Mahler.
Das will und soll alles weitergehen; nur, was ich mehr und mehr nicht verstehe, ist die Naturdarstellung oder besser -wiedergabe in der Musik. Ich verstehe sehr schnell, dass Mahler in einem langsamen Satz seine Frau porträtiert, wenn ich es gelesen habe. Diese Information stört mich gleichsam nicht. Aber ich würde mich beim Hören stören, wenn ich mir allzu sehr bewusst machte, dass Mahler in der Dritten Pan erwachen oder die Tiere sprechen lässt oder Bruckner hier die Natur, was unzweifelhaft im Horn zu hören sei, aufruft. Unterhalb der kritischen Analyse des allgemeinen, präzise idiotischen Weltlaufs bin ich sozusagen nicht mehr ansprechbar. Das war ein Witz. Ein halber.
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