Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

#12115271  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,343

Von Charles-Joseph van Helmont (1715-1790) hatte ich noch nie gehört … aber eine CD mit Leçons de Ténèbres für Solo-Sopran und kleines Ensemble ist für mich eigentlich unwiderstehlich. Neben elf „Leçons“ hinterliess Helmont u.a. fünfzehn Messen, 58 Motetten, sechs geistliche Konzerte, ein Oratorium („Judith“), Stücke für Cembalo, eine Bühnenmusik („Le Retour de la Paix“) und eine Symphonie Doppelchor. Getauft und später ausgebildet wurde er in Brüssel an der Sainte-Gudule, wo er mit kaum 18 Jahren bereits Organist wurde. 1737 wurde ihm Joseph-Hector Fiocco vorgezogen, als es um die Nachfolge des maître de chapelle ging, Helmont bewarb sich ebenfalls erfolglos um den von Fiocco gerade verlassenen Posten in Antwerpen, wurde dann maître de musique an den Notre-Dame de la Chapelle (und übernahm vermutlich ähnliche Aufgaben an der königlichen Spanischen Kapelle). Aus dieser Zeit stammen die meisten seiner Leçons, es handelte sich jedoch nicht um seine frühesten Werke: er hatte bereits die Oper „Griselidis“ komponiert, die 1736 am Théâtre de la Monnaie aufgeführt worden war. Fiocco starb bereits 1741 und Van Helmont wurde dann doch noch zum maître de chant am Chorherrenstift der Saints-Michel-et-Gudule und sollten den Posten über 35 Jahre lang besetzen. Später gründete er eine Gesellschaft, die ab 1768 zwischen Oktober und Ostern wöchentlich Konzerte veranstaltete. Die frühen Werke sind instrumental beschränkt, weil Helmont erst ab 1741 mehr Instrumente zur Verfügung hatte. Im Lauf seiner Karriere scheint sich seine Musik zunehmend dem italienischen Stil angehnähert zu haben.

Auf der CD sind die neun Karwochen-Leçons von 1737 zu hören – also ein vollständiger Zyklus – sowie die beiden von 1756 (die troisièmes leçons du Jeudy bzw. Vendredy Saint), dazwischen sechs Orgelfugen, die Nicolas Achten auf einem Instrument von 1775 spielt. Die Solostimmen teilen sich Wei-Lian Huang, Deborah Cachet und Griet De Geyter (wobei Huang und Geyter viermal zu hören sind, Cachet aber neben Huang eine der 1756er-Leçons singt, De Geyter von den Vendredi-Leçons von 1737 zwei übernimmt, nachdem für die von Mercredy und Jeudy jeweils alle drei in derselben Abfolge zum Einsatz gekommen waren. An Instrumenten gibt es neben der Orgel nur eine Continuo-Gruppe aus Cemblo, Bassgeige bzw. Violoncello und Theorbe, bei den 1756er-Leçons kommt ein zweite Bassgeige dazu. Oboen, Flöten, Trompeten, Pauken, weitere Streicher usw. kamen wohl eben erst ab 1741 zum Einsatz, aber bei den späteren Leçons auch nicht – wäre ja auch eher unpassend, soweit ich das beurteilen kann.

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba