Antwort auf: ctte gibt Senf dazu – VÖ-Betrachtungen mit leichtem Prog-Überhang

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6.6.23

Roger ist weg, aber er hat uns etwas dagelassen.

Selten hatte eine Tournee eines Rockmusikers durch Deutschland eine derartige mediale Aufmerksamkeit. Zumal sie inzwischen beendet ist, und das offenbar, ohne dass irgendjemand Schaden genommen hat.

Fast unbemerkt ist nun aber noch ein Album von Waters erschienen, auf dem sich zwar nur bereits bekannte Songs sammeln, deren Neubearbeitung aber in einer ganz bestimmten Zeit entstand. In den Monaten des Jahres 2020, als die ganze Welt mit dem Virus überhaupt noch nicht umgehen konnte, und sich ganz viele Musiker nur aus ihren Homestudios meldeten, entstanden auch diese merklich entschleunigten Aufnahmen. Jeweils zwei aus den Alben „The Wall“, „The Final Cut“ und „Amused to death“, die in gewisser Weise eine Triologie bilden.

Die Songs wurden seinerzeit nach und nach bei YT zur freien Verfügung gestellt, und befinden sich dort heute noch. Und leider fehlt auf diesem Album einer, nämlich das 9-minütige Titelstück aus „Amused to Death“. Dass „The Lockdown Sessions“ trotzdem sechs Tracks enthält, liegt daran, dass Waters im letzten Jahr im Stil dieser Aufnahmen aus 2020 noch „Comfortbly Numb“ nachproduziert hat, und aus dieser Arbeit heraus dann auch den beklemmenden Opener der aktuellen Tour inszenierte, der die Nummer eindringlicher vorführt als je zuvor.

Und das gilt eigentlich für alle diese Stücke, die auch losgelöst von dieser einzigartigen Zeit während der Entstehung eine ganz andere Intensität bieten. Ausnehmen würde ich dabei lediglich „The Bravery of Being out of Range“ das mit seinem Country Einschlag den Zynismus und die Aggressivität einigermaßen negiert. Auch die Version der aktuellen Tour kommt ja leider nicht an die Studiofassung heran.

Obwohl Waters hier selbstredend nur mit großartigen Musikern spielt, steht vor allem der Gesang von Jess Wolfe und Holly Laessig (aka Lucius) im Vordergrund, der nicht nur im Background eingesetzt wird. Das im „The Wall“ Album“ eigentlich eher unterm Radar laufende „Vera“/“Bring the Boys back Home“ wird dabei zu einem über 5-minütigen Fest. Ebenso „The Gunners Dream“, dass sich hier doch etwas anders aufbäumt und mitteilt, als in der rauen Studio Fassung von vor 40 Jahren.

Anders ist es bei „Two Suns in the Sunset“, welches seine Dramatik damals ja schon aus der Tatsache zog, dass es die Schlussnummer dieses deprimierenden Albums war. Hier wurde im Arrangement auch am wenigsten verändert, neben „Mother“ übrigens.

Die Auswahl der sechs Titel (also inklusive dem hier fehlenden) ließ seinerzeit schon einige Wünsche offen, denn die wunderbare Art, den Songs eine ganz neue Durchsichtigkeit zu verleihen, verlangte eigentlich nach einer Fortsetzung der Reihe. Vielleicht sogar mit Stücken aus der Zeit vor 1979.

Gespannt sein darf man natürlich, ob die Neubearbeitung von „The Dark Side of the Moon“ auch in diese Richtung läuft, was aber eigentlich nicht bei allen Tracks funktionieren dürfte.

Ansonsten habe ich hier im Moment vor allem die Legacy Pilots, HRK und Hypno5e in der Rotation.

Und beim nächsten Mal erzähle ich euch dann die Geschichte, wieso die Veranstaltung vom kommenden Freitag im Wolters Applausgarten Braunschweig ganz kurzfristig nebenan in die Volkswagen Halle verlegt werden musste.

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