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Love at First Sight – ich hab hier, Ende der Siebziger, für eine kurze wieder fast keine Lücken (das Album der Milestone-All-Stars mit Ron Carter und McCoy Tyner fehlt mir allerdings). Für dieses Album wurden im Mai 1980 erneut vier aufeinanderfolgende Tage in den Fantasy-Studios in Berkeley gebucht – und danach „additional recording“ von Tony May in den Aura Sound Studios und von Eddie Bill Harris (ohne Ort, beide ohne Zeitangaben). Im Opener „Little Lu“ gibt’s wieder den souveränen Calypso-Rollins mit leicht kratzigem Ton und einen Stanley Clarke, der sich zu Beginn etwas zurückhält aber im Lauf des Stückes von „fast wie Kontrabass“ zu recht offensiv gespieltem E-Bass findet. George Duke sitzt an den Tasten, Al Foster und Bill Summers kümmern sich ums Schlagwerk. Auf dem zweiten Stück gibt es erneut das Lyricon (und dann auch noch etwas Tenor im Hintergrund – ob das diese „additional recordings“ sind?) – wofür einem Dallas Smith gedankt wird (Rollins kriegte dessen Instrument geliehen). Das Stück klingt aber recht wie ein Fremdkörper, vor allem weil danach „Strode Rode“ folgt – ein Remake des Stückes, das schon 1956 für „Saxophone Colossus“ aufgenommen wurde. Mit den Congas und dem E-Piano klingt das aber sehr anders – auch wenn Clarke hier meist schnörkellosen Walking-Bass spielt.
Auf Seite 2 gibt’s zum Einstieg eine grosse Rollins-Balladenshow über „The Very Thought of You“ (Clarke am elektrischen Upright, Duke nach dem Opener zum zweiten und letzten mal am akustischen Klavier), dann folgt Dukes „Caress“ wieder mit elektrischen Instrumenten und nervigem Triangel (?) nebst viel anderem Getrommel und später ein Bass-Solo mit Plasticsound und Betonung auf der bassGITARRE (darunter eine weitere Bass-Spur). Danach steigt Rollins wieder ein – und spielt halt doch wieder ein unverwechselbares und ziemlich langes Solo, bei dem er sich erstaunlich viel Zeit lässt. Das Stück ist ja eigentlich gleich noch eine Ballade, aber halt eine Popballade für die Lounge, in der all die distinguierten Smooth-Jazz-Radio-Hörer abhängen (gab es in den Kreisen Frauen? schwer vorstellbar irgendwie). Wäre das nicht von Sonny Rollins, hätte ich das bestimmt nie im Leben angehört – aber so ist das eben. Den Ausklang macht ein Duo von Rollins und Clarke, „Double Feature“, in dem Clarke seine typische Bass-Spielweise (ich hab in den Neunzigern mal ein paar seiner eigenen Alben – so Zeug, das eigentlich nur E-Bassisten hören – gehört, erinnert mich sofort wieder daran) recht geschickt einsetzt, während Rollins rifft … eine kleine Blues-Impro halt – und für meine Ohren ein durchaus versöhnlicher Ausklang.
Berge werden hier echt keine versetzt, mehr experimentiert als auf dem Vorgänger auch nicht – da fehlt mir ja wie gesagt ein wenig was, wo das wohl losgeht („Nucleus“, „The Way I Feel“, „Island Lady“, „Easy Living“)? Ich komme nochmal auf die Bemerkung von @vorgarten zur Pause, die Rollins gleich die ganzen frühen Siebziger hindurch hätte verlängern können … frag mich halt, ob die späten Siebziger (und hier 1980, eigentlich ja das letzte Jahr der Siebziger ) wirklich besser sind? Für meine Ohren wohl eher nicht. (Vielleicht ist es nicht fair, auf so einer möglicherweise nur rasch dahingeworfenen Bemerkung zu beharren, aber mich nimmt die Überlegung dahinter halt shcon wunder¨)
Die Road Band war 1980 immer noch das Quartett mit Mark Soskin (p), Jerome Harris (elb) und Al Foster (d) – und auf „Road Shows Vol. 1“ gibt es zwei Stücke aus Europa, „Easy Living“ vom Jazz Jamboree in Warschau (23. Oktober) und „Blossom“ vom Jazz Festival in Umea zwei Tage später, beide über 10 Minuten lang. „Blossom“ ist gemäss den Liner Notes ein Stück, das lange niemand identifizieren konnte – bis Rollins es als ein Original erkannte. Ein Spiel mit Latin-Rhythmen und Stop-Time … und nach kurze Soli von Soskin und Harris gibt es ein fabelhaftes achtminütiges Solo von Rollins. Und klar: das ist viel mehr mein Ding als Keepnews mit Rollins im Studio gemacht hat (die Dorn-Frage stellt sich hier wirklich ein wenig, wobei Dorn um 1980 mit den Experimenten bereits durch war – vielleicht war Roland Kirks Tod war da ein Einschnitt? Jedenfalls sind die Produktions-Credits bei Discogs um den Dreh herum recht spärlich und keine solchen Alben dabei, wie jene, von denen wir’s oben hatten).
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