Antwort auf: Tenor Giants – Das Tenorsaxophon im Jazz

#12059055  | PERMALINK

vorgarten

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gypsy-tail-wind aber frag mich dann halt ein wenig, ob z.B. „Blue Seven“ nicht auch schon sowas Modales war? Nicht konzeptionell wie Davis (Russell, Evans, Evans…), sondern einfach so gemacht, drauflosgespielt … die Freedom Suite müsste ich vor dem Hintergrund nochmal anhören bzw. nachlesen. Aber generell wirkt Rollins auf mich eben schon 1956/57 oft so völlig befreit dass die Frage, ob da noch ein paar Changes drunter mitlaufen oder nicht als ziemlich unerheblich empfinde. Und vom spielerischen Gestus denk ich halt echt nicht an Coltrane, nicht mal bei „East Broadway Rundown“. Wenn ich’s mir so überlege: Rollins gibt die Einfachheit durch, seine Band spielt Changes vs. Coltrane spielt Changes, seine Band hält ihm mit modalen Strukturen den Rücken frei. Sicher alles zu einfach/schnell gedacht.

ja, alles richtig. rollins war nie raus bei der entwicklung des modalen jazz, und er hat immer eigene wege gefunden, damit umzugehen.
ich habe hier nicht meinen eigenen lernprozess durch diesen thread reflektiert: ich dachte 1.) dass rollins aus seinem zweiten großen sabbatical mit einer idee von tenorsax-jazz zum vorschein kommt, die im prinzip das vorwegnimmt, was die weißen jungs (brecker etc.) in den 80ern total erfolgreich als eigenes ding verkauft haben, während rollins als relikt mit schlechten bands so lange weitertingelt bis er sich 2014 zurückzieht. dann kam ja 2.) von euch die henderson-position, die eine eigene geschichte vom übergangenen und aus den jazzbüchern herausgestrichenen vorbild für die rehabilitation des tenorsax im jazz erzählt hat, während rollins eigentlich ungebrochen als über-tenorist durch die down-beat-polls getragen wird. im konkreten hören der ersten alben von rollins anfang der 70er stellten wir dann 3.) beide fest, dass er es mit kleinen wackligkeiten auf dem weg offenbar hinbekommen hat, eine ziemlich tolle band zusammenzustellen (die live 1973/74 an diversen orten total abgefeiert wurde, mit den dokumenten japan & montreux) und seine eigenen konzepte (die balladen, die kürzelthemen, das modale, die losgelöstheit von enger harmonischer begleitung) mit autorität und spielwitz ziemlich sexy in die dezent elektrifizierten 70er transportiert hat.

ich hab jetzt schon in NUCLEUS reingehört, wo sich tatsächlich einiges ändert (vielleicht nich auf dauer?), und das wäre für mich noch mal ein thema für einen anderen thread – was ist ziemlih genau 1975 passiert, dass der jazz sich damals so änderte (sound, produktion, kompositionen u.a.)?

und à propos caliman (den ich nicht gut kenne) – da war ja die entwicklung des mwandishi-komplexes interessant: bennie maupin wurde darin nur groß, weil joe henderson nicht konnte, der hancocks eigentliche erste wahl war; und da, wo maupin nicht konnte, kamen später andere ins spiel, caliman (priesters LOVE LOVE, hendersons HERITAGE) oder turbinton (ZAWINUL, williams‘ PINNACLE). also auch da eigentlich eine linie, die von henderson ausgeht.

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