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Eine 2022er-Veröffentlichung soweit ich weiss? Jedenfalls erst neulich gekauft und heute Morgen schon gehört, jetzt ein zweites Mal. Bin unschlüssig, was ich davon halte … die „Hotel-Suite“ aus der Oper „Powder Her Face“ ist eingängig, manchmal fast jazzy, danach folgen die „Lieux retrouvés“ mit Tomas Nuñez am Cello und die „Märchentänze“ mit Pekka Kuusisto. In den „Lieux“ geht es ziemlich zur Sache, das ist phasenweise fast ruppige, treibende Musik. Die „Märchentänze“ scheinen dann ein Spiel mit Formen oder auch mit gestellten Aufgaben zu sein, vier sehr unterschiedliche Stücke, tänzerisch, leicht, fröhlich und barock anmutend der Einstieg – doch dann allmählich „entgleisend“, um die dissonanteren Klänge mit dem ursprünglichen Tanz zusammenzuführen, der auch etwas an einen „country dance“ erinnert – am Ende im Kontrast von der Violine in der hohen und dem Kontrafagott in der tiefsten Lage. Das zweite Stück dann sehr ruhig – Marimba(?)töne unter der Violine … und hier lässt sich erahnen, dass diese „Märchentänze“ zuerst für Violine und Klavier komponiert worden sind. Dann stösst eine Klarinette dazu, eine Oboe (oder eher ein Englischorn?), eine Harfe hat sich da bereits eingeschlichen – ohne gucken zu können, ist es echt schwierig zu sagen, wer hier was spielt (die das Violine pizzicato, die Harfe, oder doch ein Cello?) – das Stück bleibt getragen, fast meditativ. Das dritte öffnet dann wieder mit so einem Fiedel-Groove, doch der klingt eher eisig-schön als fröhlich wie der erste der Tänze. Die Violinen stossen dazu, das ganze verdichtet sich zu einem Eissturm – der nach wenig mehr als zwei Minuten vorüber ist. Der vierte der Tänze fügt sich dann sehr gut an den Schluss des Cello-Zyklusses an: wieder so eine Pendelbewegung, aber dieses mal dicht und stark rhythmisiert. Als Outro gewissermassen folgt dann eine sechsminütige Meditation namens „Dawn“ (wie die „Hotel-Suite“ für Orchester) – da muss ich unweigerlich an das tolle Violinkonzert von Adès denken, das Anne-Sophie Mutter letzten Sommer beim Lucerne Festival uraufgeführt hat.
Und für mich merke ich, dass diese stümperhaften Zeilen mir selbst dabei helfen, der Musik auf die Schliche zu kommen (die vier Tänze mit Kuusisto habe ich inzwischen mehrfach gehört – und „Dawn“ danach jeweils gleich damit) – wie gesagt, hab die Sachen rasch gerippt vor den Ferien und keine Booklets mitgebracht, würde mich schon interessieren, was darin zu den Stücken steht.
Auf dem sehr langen Spaziergang vorhin (gut drei Stunden und auch ein paar hundert Höhenmeter über Stock und Stein) – dem ersten seit Corona, es geht nach einem halben Jahr jetzt wirklich bergauf, ich vertrag auch wieder mehr als ein Glas Rotwein, ohne Kater from hell zu kriegen wie noch vor zwei, drei Wochen – gab es zwei Liedrezitale: das neue Schubert-Album von Carolyn Sampson und Joseph Middleton und danach die „Voyage intime“ von Sandrine Piau und David Kadouch. Da gibt es neben Schubert auch Liszt, Wolf, Clara Schumann und in der zweiten, französischen Hälfte Duparc, Lili Boulanger, Debussy und einmal mehr Liszt (er macht den Einstieg und den Ausklang mit je einem Lied, die anderen sind mit drei bis fünf Liedern vertreten Clara Schumann mit zweien und dem Scherzo Nr. 2 Op. 14, das zwischen ihre „Lorelei“ und Schuberts „Erlkönig“ programmiert wurde).
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