Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

#12013443  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,343



Das sind die drei Eckstine-CDs, die hier momentan fast täglich laufen … „Imagination“ irgendwann letztes Jahr gekauft und sofort recht gut gefunden; das Berlin-Songbook mit Vaughan ein seltsames Zwitterding zwischen Jazz und Cabaret – ganz neu hier und ein weiteres Zeichen für die Unsicherheit, was den Umgang von EmArcy/Mercury mit Eckstine angeht (dann lasst uns mal so ein Song Book von Ella kopieren); „In 12 Great Movies“ war wohl die erste Eckstine-CD, die ich kaufte – und erst jetzt beim intensiven Wiederhören schätzen lernte. Billy Byers hat arrangiert, Bobby Tucker leitet die ansonsten unbekannte Band vom Klavier aus, die Aufnahmen entstanden 1962 und 1963 in Los Angeles und Rio de Janeiro, neben jüngeren Songs, die heute Evergreens sind („Moon River“, „Days of Wine and Roses“, „The Good Life“, „Tender Is the Night“, „Tonight“ – letzteres der CD-Bonustrack, den ich nicht missen möchte) gibt es auch älteres („On Green Dolphin Street“) gibt es tatsächlich „A Felicidade“ von Jobim/Morães und „Manhã da Carnaval von Bonfa – und Eckstine singt auch Portugiesisch. Je weiter weg ich von dem hier evozierten Lebensgefühl bin (bachelor’s pad und so, der Sixties-High-Sociecty-Kram vom Sebelboot auf Capri usw.) desto mehr kann ich seltsamerweise mit der Musik anfangen.

Jetzt was ganz anderes:

Honi Gordon Sings | Mingus‘ „Strollin'“ als Opener, mit Lyrics von ihrem Vater George Gordon. Ken McIntyre, Jaki Byard, Wally Richardson, George Duvivier und Ed Shaughnessy in der Band … ich hab das noch fast nie angehört (hab auch nur eine Behelfsausgabe davon, aber das ist schon sehr attraktiv. Und eins der Alben, bei dem sich die Frage „was ist eigentlich Jazzgesang“ echt nicht stellt, denn allein der Gestus, mit dem Gordon auftritt, lässt da gar keine Zweifel zu – auch dann nicht, wenn sie Standards singt („Ill Wind“ steht an zweiter Stelle). Von Gordon Sr. stammt auch „My Kokomo“, das stark an die Vokalisen aus der Moody-Band der Fünfziger erinnert (Eddie Jefferson wurde hier glaub ich seitdem wir mit dem Gesang begonnen habe, noch kein einziges Mal erwähnt?) – und klar, King Pleasure oder Annie Ross sind andere, an die ich hier sofort denke. „The Gordons“, das Vokalquartett von Vater George, Honi und ihren zwei Brüdern, hat für Debut aufgenommen (in der 4-CD-Label-Portrait-Box ist was mit ihnen drin, hab ich aber nicht mehr im Ohr). Und von dem der Closer ist, „Lament of the Lonely“ („a lovely ballad by Esmond Edwards“ schreibt Sidney Falco in den Liner Notes), wäre natürlich auch interessant zu wissen.

Mary Lou Williams ist hier auch vertreten, „Walkin‘ (Out the Door)“ heisst das Riff-Stück (schönes Solo am Altsax von McIntyre, in seinem so eigenwilligen Stil) – und in den Liner Notes steht Williams‘ Name zwischen Mingus und dem von Lionel Hampton, der die Gordons mit in die Carnegie Hall nahm und auftreten liess, als er 1957 dort seine „King David Suite“ uraufführte – geleitet von Dimitri Mitropoulos, und krasserweise gibt es davon in der Tube sogar ein kurzes Video (da muss ich auch rasch @clasjaz taggen :bye: ):

Ich weiss nicht, ob „Walkin‘ (Out the Door)“ instrumental anders hiess, aber das ist ein Stück mit Lyrics, dünkt mich, das ev. in der Liste zu MLW in den Komponistinnen-Faden aufgenommen werden könnte?

Und dann ist da auch noch „Why“, eine Ballade von Consuela Moorehead (drüben ist da noch ein Vertipper bei Velazquez Vorname – äh, nein, sorry, die hiess ja wirklich Consuelo :scratch: ):

Moorehead (1926 oder 1927-2009) gehört dann wohl drüben in die Liste – sie spielte u.a. mit Richard Davis und war Gründerin der Band The Descendants of Mike and Phoebe, deren Strata East-Album in der Tube zu finden ist. Ist jetzt auch nicht so typisch für eine 1926/27 (Wiki gibt zwei Daten) geborene Afro-Amerikanerin, Ende 1973 ein Spiritual Jazz-Album für eins der damaligen hippen Label aufzunehmen. Und klar, Spike Lee ist ihr Neffe …

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba