Antwort auf: The Necks – minimal jazz from down under

#12003263  | PERMALINK

vorgarten

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der bass springt energisch im oktavabstand zwischen zwei tönen. pendelbewegung, groove. ganz gerade diesmal, ein bisschen ornamentiert, der tanz wird aufwendiger durch die 2- und 4-betonungen einer gitarre, reggae, ska. im rhythmus, im oktavabstand wirbeln abrahams arpeggien, verbinden die höhen und die tiefen, füllen auf, sorgen dafür, dass nichts von der stelle kommt. hüpfende stase. immer wieder, zwischendurch, hält das klavier inne, eine orgel übernimmt, reflektiert, was bisher gesagt wurde. danach geht es aber auch nicht anders weiter. „signal“.

das ist der necks-studio klassiker. ein grundton, rubato, einatmen, ausatmen, eine wand hochziehen. alles klappert drum herum, der basston wird geschlagen, gestrichen, vergrößert. das klavier glaubt nicht an erlösung. und irgendwann entsteht ein groove, der nichts damit zu tun hat, wie ein loch in der wand, durch das man einen unbeeindruckten alltag hört. und, ganz zum schluss, unfassbarerweise: ein zweiter bass-ton. die wand bewegt sich. „forming“.

wieder fängt der bass an. 4 gestrichene töne, sofort wird ein nahöstliches flair gesetzt, zu dem die schellen- und fellpercussion passt. auch das klavier hat sich verperkussiviert, ist das ein clavichord? rudimentär könnte man das, was es erzeugt, töne nennen, vielleicht hat es sand im getriebe. die schwankende karawane kommt mühsam, aber stetig voran, durch das draufgesetzte orgelflimmern stechen instrumentale spitzen, ein angeschlagenes becken, ein entschiedener basston, sehr tänzerisch, wenn auch nicht elegant. was bei den necks sehr selten passiert: der bass fängt an zu plappern, spielt die phrasen des tasteninstruments nach, emanzipiert sich kurz, streckt sich. das ist mehr jazz als gewohnt, abrahams spielt solo, sie arbeiten zu dritt an einer kratzigen sexyness, aber irgendwann merkt man, dass man keine wüstenbilder mehr im kopf hat, sondern staubige urbane szenen. das bass-thema vom anfang kann man sich sehr bald schon nicht mehr in der musik vorstellen. wo hat das gewechselt? „imprinting“. highlight.

kirchenorgel, 2 bässe, stereophonisch. der gleiche ton aus vielen unterschiedlichen quellen. trommelwirbel. das vinylalbum fängt damit an, die cd hört damit auf. vorbereitende und abschließende extase. tony buck macht schließlich doch noch eine prozession daraus, aus der kirche raus. „bloodstream“.

wie UNFOLD ist das album vinyl-formatiert, vier vollproduzierte seiten. die geschichten drum herum (tägliche aufwärmübung, nah am live-spiel etc.) sind charmant, aber treffen nicht recht ins schwarze: die overdubs sind entscheidend, und warum sollte das aufwärmen immer exakt 20 minuten dauern? mittlerweile wäre für mich die zeit reif für eine live-aufnahme, tatsächlich ohne overdubs, und so lang, wie sie eben geht. die vier kunstvoll zusammengebauten miniaturen hier haben nichts damit zu tun. vier gesten, die sich selbst etwas bedeuten und zusammen eindruck hinterlassen. TRAVEL.

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