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Ah UmDa stimme ich dir vollkommen zu, mein lieber Cassa.
Aber es überrascht mich doch etwas, gerade von dir so überaus Kritisches über Teenager und ihren Lebenswandel zu hören. Vor nicht allzu langer Zeit hast du Teen-Pop mit dem Argument verteidigt, man müsse sich eben in die pubertären Sorgen und Nöte dieser jungen Menschen einfühlen können, dann verstehe man auch den Wert der Musik etwa einer Christina Aguilera. Und jetzt, wo es um den jugendlichen Wunsch nach „Coolness“ und Gruppenzugehörigkeit geht, schlägst du plötzlich einen ganz anderen Ton an und tust die Nöte der Pubertierenden als „Kindergartenkacke“ ab. Hm. :wave:
Aber, aber, mein lieber Herr Kollege vom Bodensee, bitte verstehen Sie mich nicht miß: In keinster Weise bezog sich die Kindergartenkacke auf die Nöte der Pubertierenden, sondern vielmehr auf das ach so trendige Phänomen des Einreihens in bestimmte jugendliche Subkulturen, um dadurch möglichst kreativ, individuell und sonstwie crazy zu erscheinen und sich von der breiten Masse abzugrenzen. Als Beispiel hierfür seien nur mal die 14jährigen HipHop-Kids genannt, die mit ihren Hängehosen und viel zu großen Oberteilen alle aussehen wie Rodeoclowns und absolut nichts vom wahren HipHop verstanden haben, sondern nur die Styles 1:1 nachahmen, die ihnen 50-Cent-/FLER-/usw.-Videos auf Viva Plus vorsetzen und die Nase rümpfen über die Gitarrenmusikmädchen Sarah Kuttnerscher Coleur (die in der Regel mit ihren verwuschelten Frisuren und Wickelröcken auch einem ganz eigenen Dresscode entsprechen und sich wiederum über sido und Co. lustig machen – auch hier reicht es eben nicht, Adam Green und Jens Lekman gut zu finden, sondern zugleich muß eben auch noch eine Abgrenzung um jeden Preis stattfinden, d.h. man empfindet sich erst als einen vollwertigen Menschen bzw. Member seiner jeweiligen Community, wenn man so richtig schön über andere, mit denen man nichts zu tun haben will, abkotzen kann – „hihi, diese Rapper, voll peinlich… aber gut, daß wir so cool sind!“).
Als weiteres Beispiel seien hier nur noch mal kurz die Indierock-Mädchen erwähnt, die man im öffentlichen Stadtbild von Emden bis Passau in erster Linie an ihren pechschwarz gefärbten Haaren mit vereinzelten crazy farbigen Strähnen, massig Piercings im Gesicht, Schottenröcken über den Hosen, (abwaschbaren?) Tattoos und sonstigem Early-Avril-Lavigne-/Late-Tokio-Hotel-Look erkennt (wobei die dann eher schon Slipknot oder Rage Against The Machine hören… falls sie Geschmack haben).
Jede dieser einzelnen Gruppierungen (und es gibt weiß Gott noch mehr, aber ich denke, der springende Punkt ist bereits deutlich geworden) ist wie nichts Gutes bemüht um Individualität – sehen dabei in ihrer „Besonderheit“ aber alle gleichzeitig so unfaßbar uniformiert aus, wie in Deutschland eigentlich seit 1945 nicht mehr gewünscht – und beäugt die jeweils anderen Subkulturen (die sowieso längst allesamt zum Mainstream gehören… aber das wäre wieder ein anderes Thema) mißtrauisch und hat hinter ihren Scheuklappen nichts als Hohn und Spott für die anderen übrig. Vgl. hierzu auch das lächerliche Gebaren zu Beginn der 80er zwischen Punks und Poppern.
The times they are a-changin‘? Vielleicht. Aber mit Sicherheit nicht in der Jugendkultur. Die tragen heute noch munter dieselben Scheingefechte gegen Gesellschaft und sich selbst aus wie ihre Elterngeneration bereits vor ihnen. Es gibt nur Cool und Uncool und wie man sich fühlt? Pah!
Gruß, Cassa :wave: