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herr-rossi
Pop-Kultur verstehe ich als populäre Kultur im Zeitalter der – potentiell – massenhaften Reproduzierbarkeit und Konsumierbarkeit von Kunst. Dabei gibt es aber einen so engen Austausch zwischen Mainstream und Subkulturen, dass ich letztere nicht als etwas Separates betrachten würde. Was heute Subkultur ist, kann schon morgen Mainstream sein. Umgekehrt reagiert auch Subkultur auf den jeweiligen Mainstream. In den 70ern und 80ern war das eher eine radikale Abgrenzungshaltung. Was alle sehen, hören, lesen, konsumieren, war nach der damaligen Indie-Ideologie von der Industrie forcierter „Kommerz“.
Seit den Neunzigern hat sich das gewandelt, heute ist es ganz selbstverständlich, dass auch „Hipster“ bekennende Fans großer Stars und Medien-Franchises sind.
Da stellt sich für mich allerdings eher die Frage, ob man bei so viel Eklektizismus und mangelnder Abgrenzung überhaupt noch von „Subkultur(en)“ sprechen kann oder ob es im Grunde nur noch die Mainstream-Kultur gibt, bei der verschiedene Ausprägungen zur reinen Ästhetik (ohne zugehörige Haltung) reduziert sind. Crossover-Produktionen waren früher schließlich ein Ereignis, heute sind sie Standard.
Umgekehrt ist es genauso, die Riesen der Unterhaltungsbranche prunken nicht mehr nur mit Besitz und Affären, sondern legen Wert darauf, als Kenner von Literatur, Musik, Filmen, Videogames usw. wahrgenommen zu werden.
Das wäre für mich ein typisches Beispiel: Ist das Haltung oder Ästhetik? Allen scheinbar privaten Einblicken bei Instagram und Twitter zum Trotz ist doch überhaupt nicht feststellbar, ob da echtes persönliches Interesse dahintersteht oder eine PR-Agentur, die Listen erstellt und passende Dossiers für ein paar Soundbites. Und letztendlich sind diese Kenntnisse auch nichts anderes als Signalling und Statussymbol: Die Zeit, um sich auch nur auf einem dieser Gebiete eine halbwegs fundierte eigene Meinung zu erarbeiten, muss man erstmal haben. Das passt für mich eigentlich dazu, dass es seit einiger (gar nicht so kurzer) Zeit eine Tendenz zu „preiswerten“ Statussymbolen gibt: Beyonces Villa bleibt unerreichbar, aber das gleiche IPhone kann ich kaufen – oder das gleiche Buch lesen wie Timothee Chalamet.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick