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Das zweite (relativ) ausführliche Live-Dokument der Atomic-Band von Count Basie entstand am 31. Mai 1959 im Americana Hotel in Miami, Florida, und wurde in Auszügen auf dem Album „Breakfast Dance and Barbecue“ veröffentlicht – einem der besten Basie-Alben aus der Zeit und überhaupt. Zur Erinnerung nochmal das Line-Up: Wendell Culley, Thad Jones, Joe Newman, Snooky Young (t), Al Grey, Henry Coker, Benny Powell (tb), Marshall Royal (as/cl), Frank Wess (as/ts/fl), Frank Foster, Billy Mitchell (ts), Charlie Fowlkes (bari), Count Basie (p), Freddie Green (g), Eddie Jones (b), Sonny Payne (d) und Joe Williams (voc). Als Gast schaute Harry „Sweets“ Edison vorbei, zu hören auf dem letzten Stück des dritten und letzten Sets, „One O’Clock Jump“. Ganz komplett ist die Aufnahme auch in der Mosaic-Box „The Complete Roulette Live Recordings of Count Basie and His Orchestra (1959-1962)“ nicht (8 CD, 1991), zumindest gibt es im ersten Set eine unvollständige Version von „Whirly Bird“ (mit einem exzellenten Solo von Billy Mitchell). Die LP enthielt 8 Stücke, die Mosaic-Box 25, auf der einzelnen CD von 2001 sind immerhin 18 davon zu finden – in der Reihenfolge, wie sie an dem Abend gespielt wurden, einfach mit ein paar Lücken im Vergleich zur Mosaic-Box. Joe Williams singt auf immerhin 10 der Stücke (davon fehlen auf der einzelnen CD vor allem ein paar, instrumentale Stücke nur zwei und das 51-sekündige erste „One O’Clock Jump“, die volle Version davon ist dabei).
Das besondere hier ist, dass die Band – fast wie in alten Zeiten, sei es in Kansas City oder später in New York im Savoy Ballroom – in einem grossen Ballsaal mit Kronleuchtern und einer grossen Tanzfläche spielt, auf dem immer wieder einzelne Tanzpaare mit einem Scheinwerfer ins Rampenlicht gerieten. Diese grossen Ballsäle waren in den Hotels der Vierzigerjahre noch üblich, aber Ende der Fünfziger längst selten geworden. Morris Levy, der Boss von Roulette, war der Gastgeber des Abends, im Rahmen der zweiten jährlichen Disc Jockeys‘ Convention. 2500 DJ mit Gästen und um die 500 Personen aus der Plattenindustrie fanden sich dafür am 30. und 31. Mai 1959 in Miami ein. Basie sagte, es sei „like back in Kansas City“ gewesen, „because there was a big spread of barbecued spare ribs right in the ballroom that night.“
Die Band spielt hier wenigstens so befreit und locker auf wie im Crescendo im Vorjahr. Es gibt die üblichen Features für alle, viel Frank Foster, viel Al Grey, Joe Newman ist für einmal eher selten zu hören. Die besten Neal Hefti-Arrangements vom „Atomic“-Album sind dabei, u.a. „Splanky“ (das Solo von Frank Foster!), „Whirly-Bird“ und „Cute“ (dass das exzellente „Whirly Bird“ auf der Einzel-CD fehlt, ist schon wegen Billy Mitchell ein Jammer, aber klar: es ist unvollständig, logische Wahl also). Ein paar Thad Jones-Stücke/Arrangements sind auch dabei, darunter der Opener „The Deacon“ und „Counter Block“ (hier wieder Billy Mitchell). Ein Highlight ist auch Frank Fosters Arrangement von „In a Mellotone“, das die besten Aspekte von Basies Atomic-Band und von Ellington zusammen bringt, mit wunderbaren Sax-Tutti und tollen Posaunen-Passagen – und mittendrin passend einem hervorragenden Solo von Benny Powell. Ein weiteres Highlight ist „Li’l Darlin'“ (auch von Hefti), ein Mini-Konzert für Wendell Culleys Trompete – hier ohne Dämpfer und ein ganzes Stück schneller als auf dem „Atomic“-Album. In Fosters „Who Me“, über einen seiner geliebten Shuffle-Beats, glänzt Snooky Young mit einem seiner seltenen Soli – kommentiert von den Posaunen. Das letzte Set öffnet dann mit einem Stück von Snooky Young, „Let’s Have a Taste“ (arr. Frank Foster), worin Powell, Foster, Basie und Young zu hören sind.
Das erste Williams-Feature ist wieder „No Moon at All“ (arr. Nat Pierce), das einer der Songs ist, die Williams statt all der Blues-Nummern gerne öfter gesungen hätte (auf der Einzel-CD zu finden). In „Cherry Red“ ist Fosters Vorliebe zu bemerken: bei der Zeile „She’s got real fine legs and she’s built up from the ground“ „lachen“ die Posaunen – und wer’s kennt denkt unmittelbar ans Cover seines späteren Albums „Shiny Stockings“ (mit der Loud Minority Band, 1979). Auch George Shearings Arrangement von „In the Night“ geht in die Richtung, in die Williams sich entwickeln wollte (Shearing hatte auch „No Moon at All“ im Repertoire). Ansonsten gibt es natürlich die grossen Hits von Williams: „Cherry Red“, „Five O’Clock in the Mornin'“, „Everyday I Have the Blues“, „Smack Dab in the Middle“ und als letztes Stück vor dem schliessenden „One O’Clock Jump“ auch wieder Ray Charles‘ „Hallelujah, I Just Loved Her So“ (das auf den Crescendo-Aufnahmen mit Sammy Davis Jr. zu hören ist). Und dieses „One O’Clock Jump“ dann, quasi als Zugabe, ist das Feature für Harry „Sweets“ Edison – ein weiteres Highlight, das auch am Schluss der ursprünglichen LP steht.
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