Antwort auf: Count Basie

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gypsy-tail-wind
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Pause von den Vokal-Alben (es fehlen noch zwei: eins mit Billy Eckstine und ein zweites mit Sarah Vaughan, das Decca-Album mit Sammy Davis Jr. kenne ich nicht … es gab dann aber noch ein Album mit Streichern, das ich ebenfalls noch vor mir habe) – also mal zu den Live-Aufnahmen der „Atomic“-Band: es gibt vier richtig ausführliche, wenn der Schnitt erst nach Newport 1957 gemacht wird (die Birdland-Aufnahmen von 1956 kenne ich nicht, aber aus dem Jahr gibt es natürlich auch noch Live-Aufnahmen aus Europa – mal schauen, ob ich später die Jahre 1951-156/57 auch mal wieder durchhöre).

Der erste dieser Live-Mitschnitte entstand zwischen dem 24. Juni und dem 12. Juli 1958 beim Auftritt im Crescendo in Los Angeles. Der Club gehörte Gene Norman, DJ und Inhaber des Plattenlabels GNP (Gene Norman Presents), dessen Live-Aufnahmen aus dem eigenen Club unter dem Etikett „GNP/Crescendo“ herauskamen. Eine Auswahl des Materials erschien auf drei LPs des schwedischen Labels Phontastic (Vols. II und III mit identischem Cover, das dann auch für die zwei CDs wieder verwendet wurde), in Japan gab’s auch eine Doppel-LP und kürzere CD-Version auf Polydor, stets unter dem Titel „Count on the Coast“ (eine weitere Phontastic-CD von 1995, von der es 2005 eine Neuauflage gab, heisst „Count on the West Coast“). Ich gehe nicht davon aus, dass Phontastic nach heutigem Verständnis ein Label war, dass legale Veröffentlichungen herausbrachte – aber unabhängig davon gab es dort immer nur Auszüge, und die zuoberst abgebildete 5-CD-Box auf dem Bootleg-Label Phono versammelt soweit mir bekannt tatsächlich zum ersten Mal das gesamte Material, ca. fünfeinhalb Stunden Musik aus dem Crescendo, und als Bonus der viertelstündige Auftritt der Band bei NBC-TV in der Show „Bobby Troup’s Stars of Jazz“ vom 23. Juni 1958, also dem Vortag des Crescendo-Gigs.

Auf den fünf CDs gibt es 91 Tracks (davon 6 von NBC-TV), es gibt natürlich einige, die zwei- oder dreimal erklingen, wenn ich mich nicht verzähle, sind aus dem Crescendo ganze 65 Stücke zu hören – was so ziemlich das gesamte Live-Repertoire dieser Band umfassen dürfte. Und dass es – im Gegensatz zu den Boxen von Mosaic – keinen Zeilenkommentar mit Solo-IDs gibt, ist sehr verschmerzbar, denn gerade nach dem Anhören der Studio-Aufnahmen ist das meistens ziemlich klar. Bei den Trompeten ist Joe Newman der einfach zu erkennende bedeutendste Solist, Thad Jones spielt die Soli mit überraschenden Haken und bescheidenerem (aber auch klarererem, scheinenderem) Ton, Culley und Young sind nur selten zu hören, aber vor allem letzterer auch sofort erkennbar. Bei den Posaunen ist Al Grey der Hauptsolist, gerne mit Dämpfer und sehr vokaler Delivery. Henry Coker spielt die schroff-blechernen Soli, die einen tollen Kontrapunkt darstellen. Benny Powell ist leider auch nur selten zu hören, von ihm stammen die lyrischsten Posaunensoli, mit runderem Ton als Coker und feinerer Phrasierung als seinen beiden Kollegen. Beim Saxophon dürfte es fast am schwierigsten sein, weil bei Frank Foster und Billy Mitchell manchmal Verwechslungsgefahr bestehen kann. Foster hat aber mehr dieser Dehnbarkeit im Ton, die von Lester Young kommt (ein Element, das ich so ähnlich auch bei Gene Ammons höre), Mitchell ist etwas direkter, der Ton etwas satter, näher an Sonny Rollins. Die Flötensoli stammen alle und die Altsax-Soli fast alle von Frank Wess, der bei seinen seltenen Tenorsoli auch klar herauszuhören ist: er ist näher an Coleman Hawkins als an Young, sein Ton und seine Phrasierung aber sehr eigen. Marshall Royal spielt keine eigentlichen Soli, seine Features sind Balladen, in denen er das Thema präsentiert und ausschmückt. Und Charlie Fowlkes, der Mann am Barisax (und manchmal, v.a. bei Thad Jones-Stücken auch an der Bassklarinette), ist ebenfalls kein bemerkenswerter und äusserst seltener Solist – aber für die Section und den Sound der ganzen Band waren beide zentral. Dazu kommt natürlich die fabelhafte Rhythmusgruppe um Basie: Freddie Green, Eddie Jones und Sonny Payne. Auch Joe Williams hat seine Features, das erste ein eher untypisches „No Moon at All“, in dem er auf dem falschen Fuss erwischt zu werden scheint, aber sofort hineinfindet. Und dann schaut noch Sammy Davis Jr. vorbei und singt „Hallelujah, I Love Her So“ von Ray Charles.

Die Band klingt nicht immer so perfekt wie im Studio, aber spielt da und dort mit noch mehr Punch. Und Klanglich ist das alles sehr okay. Nicht immer so schön austariert, wie das im Studio möglich wäre, aber der Klang ist konstant und sehr klar, sehr dynamisch obendrein, was ja zum Live-Erlebnis dazugehört. Alles in allem ein immenses Vergnügen für alle, die diese Big Band mögen – oder überhaupt an Big Band-Jazz interessiert sind. Ich mag die CD-Box wirklich wärmstens empfehlen, auch wenn sie (wie die etwa zeitgleiche Village Gate-Box von Sonny Rollins‘ Band mit Don Cherry – ein Geschmäckle hat).

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