Antwort auf: Count Basie

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Via Kansas City zog die Band von Count Basie im Sommer 1960 nach Kalifornien weiter, wo ein Album mit Arrangements von Benny Carter eingespielt wurde: „Kansas City Suite“. Carter tauchte wie Basie auch bereits in den Vierzigern in Hollywood auf, als erste kurze Filme mit schwarzen Musikern entstanden. In der Zwischenzeit hatte Carter sich auch als Filmmusik-Komponist und -Arrangeur einen Namen gemacht. Als er die Arbeit an der „Kansas City Suite“ begann, hatte er fünfzehn Soundtracks hinter sich und war gerade dabei, sich wieder dem Jazz zuzuwenden. Eine eigentliche Suite ist nicht zu hören, aber das Material gehört zum besten, das die New Testament-Band zu sehen und zu spielen kriegte. Natürlich sind die für Carter so typischen vollen Saxophon-Tutti zu hören.

Zwei aufeinanderfolgende Tage im Studio, zehn Stücke von Carter, deren Titel Anlass zu diversen Rückblicken auf Basies Karriere geben. An der Vine Street („Vine Street Rumble“) kriegte Basie in einem Stummfilmtheater seine ersten Jobs, dort lag auch der Cherry Blossom Club auch die legendäre „Battle“ stattfand, in der Coleman Hawkins sich eine Nacht lang mit Lester Young „duellierte“, bis dieser obsiegte. Paseo ist der Name, die der Highway 71 in Kansas City trägt („Paseo Promenade“), und wo wiederum in den Zwanzigern Band-Battles stattfanden, unter anderem 1928 eine legendäre „Battle of the Century“, bei der die Blue Devils von Walter Page (mit Basie am Klavier) George E Lee’s Novelty Swinging Orchestra „besiegten“. „Katy Do“ ist Catherine Basie gewidmet, Basies Frau, die er schon in Kansas City kennengelernt hatte. Sie führte die Buchhaltung der Band und hielt ihm in privaten Belangen den Rücken frei. Basie wurde von seinen Musikern stets respektiert, er hatte die ganzen geschäftlichen Aspekte im Griff und war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen – und er konnte sich stets auf seine Katy verlassen.

„Sunset Glow“ – mit tollen Passagen in denen Carters typisch-satter Sax-Sound zu hören ist – spielt auf den Sunset Club an, in dem Pete Johnson und Joe Turner die Gastgeber waren. Henry Coker spielt das Thema – 20 Jahre, nachdem er in der Band von Carter sein allererste Solo gespielt hatte. Im ersten Stück vom ersten Tag, „The Wiggle Walk“, spielt Thad Jones übrigens am Ende ein kurzes Solo am Kornett. In „Meetin‘ Time“ beschwört den „spirit of the medicine tent and the country dance“ herauf, im sehr entspannten Tempo ist Freddie Greens Gitarre hier in den Vordergrund gemischt, Sonny Cohn spielt ein Solo aus kleinen Phrasen mit Growl-Effekten, dann übernimmt Foster und spielt kontrastreich ein flüssiges kurzes Solo. Frank Wess, Joe Newman, Al Grey und Billy Mitchell sind anderswo ebenfalls solistisch zu hören. Und Basie selbst, nicht nur aber natürlich auch in „Katy Do“.

Die Musik klingt einerseits gar nicht so weit weg von den neuen Arrangements, die Frank Foster von den „old testament“-Klassikern eingerichtet hat, anderseits sind da aber immer wieder moderne Klänge zu hören. Weil die Musik aber von so grosser Wärme war, schafften es ein paar der Stücke – da war Basie ja, zum Leidwesen nicht zuletzt von Thad Jones, sehr zurückhaltend – ins Live-Repertoire.

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