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Joe Williams war auch als Leader dick im Geschäft in der Zeit. 1955 kam auf Clef das umwerfende „Count Basie Swings, Joe Williams Sings“ heraus, davor hatte er schon für Regent (später Savoy) aufgenommen, ein Album aus dem Count Basie’s auf Vanguard kenne ich bisher nicht. 1956 folgte sein zweites Verve/Clef-Album, „The Greatest! Count Basie Plays…Joe Williams Sings Standards“, das für meine Ohren etwas schwächer ist als das erste. Basie schloss beim Festival in Newport im Jahr 1957 – mit Gastauftritten von Jo Jones und vor allem von Lester Young – seine „old testament“-Ära endgültig ab – und auch da war Williams dabei, sein Set erschien auf einer der vielen Split-LPs, die Verve herausbrachte, zusammen mit dem Dizzy Gillespie/Mary Lou Williams-Set (auf CD-Reissues wurden beide Hälften den Haupt-Alben – die von Anfang an keine Split-LPs waren – beigefügt).
1958 erschien auf Roulette „A Man Ain’t Supposed to Cry“, eins der schönsten Crooner-Balladen-Alben aller Zeiten (arr. Jimmy Mundy, Jimmy Jones am Klavier). Für 1959 gibt es bei Discogs gleich sechs Einträge: Williams kriegte auf einem letzten Verve-Album, „One O’Clock Jump“, Co-Billing mit Basie und Ella Fitzgerald, auf Roulette ebenso auf dem ersten Live-Album der Basie-Band für das Label, „Breakfast Dance and Barbecue“, und auf dem Album mit Lambert, Hendricks & Ross. Dazu erschien sein erstes eigenes Album auf Roulette („Everyday I Have the Blues“, s.o.), ein Small-Group-Album als Co-Leader mit Basie („Memories Ad-Lib“, Basie an der Orgel, Freddie Green, Jimmy Crawford von der Lunceford Band, George Duvivier, und als Gast der OT-Star „Sweets“ Edison), zudem ein zweites Balladen-Album, das ich nicht kenne, „Sings About You!“ (arr. Jimmy Jones).
1960 folgten „Joe Williams With Songs About That Kind Of Woman“ (arr. Jimmy Jones) und das zweite Roulette-Album mit Basies Big Band, „Just the Blues“, das bei vier Sessions Ende August 1960 in Chicago entstand – die Band hatte eine Reihe von Gigs und schloss ganz in der Nähe der Windy City. Thad Jones und Frank Foster waren für die Sessions zurück. Los geht es dramatisch mit „Travelin‘ Light“, nicht das einzige Mal, dass Snooky Young mit seiner gedämpften Trompeter für ordentlich Drama sorgt. Auch Joe Newman und Al Grey kommen als Begleiter zum Einsatz, mit Dämpfer und Wah-Wah-Effekten. Auch Frank Foster kommt mal zum Einsatz – er hat erneut alle Stücke arrangiert und glänzt in „Keep Your Hand on Your Heart“ (mit Basie an der Orgel) in beiden Rollen: als Solist am Tenorsax und als Arrangeur: die Trompeten-Riffs hinter seinem Solo sind z.B. echt toll, und sein Solo ist so stringent, dass es an Oliver Nelson erinnert. Ins Programm schaffte es auch „Chains of Love“, von den Ertegun-Brüdern, den Gründern von Atlantic Records komponiert. Das Tenorsolo à la Ben Webster steuert Frank Wess bei, Sonny Cohn auch wieder mal zu hören.
Das Album bietet Tempi zwischen 60 und 84 – also keine einzige der so typischen schnellen Nummern, mit denen Williams bei den Auftritten der Band für heisse Momente sorgte. Es ist eher ein Mood-Album, was sicher auch damit zu tun hatte, dass Williams aus der Shouting-Blues-Ecke herauskommen, sich weiterentwickeln wollte. Billy Eckstine hat diesen Konflikt knapp gefasst: „Joe Williams, singing the ballads and looking like the blues“. Seine Artikulation erinnert manchmal schon an spätere Soul-Sänger, sein Timing ist oftmals völlig an der Band vorbei, die wie üblich mit grösster Präzision und viel Punch zur Sache geht – und das sorgt wohl gerade für die Spannung, die dafür sorgt, dass das Ergebnis so hervorragend ist.
Die Zeit war um: es folgten keine weiteren Aufnahmen mehr, ein paar Monate später machte Williams sich selbstständig. Basie unterstützte ihn, indem er seine Agentur einen sechsmonatigen Lauf von Auftritten organisieren liess, bei denen Williams von einem Sextett unter der Leitung von Harry Edison, dem ehemaligen Basie-Star, begleitet wurde. Los ging es Mitte Januar 1961 im berühmte Storyville in Boston, und auf dem Plakat beim Eingang stand: „Count Basie Presents JOE WILLIAMS“. Ein Album mit dem Edison-Sextett, „Together“ (Jimmy Forrest, Charles Thompson, Tommy Potter, Clarence Johnson und ein unbekannter Gitarrist, Arrangements von Ernie Wilkins) erschien 1961 bei Roulette und später zusammen mit einem weiteren von Jimmy Jones verantworteten Album, „Have a Good Time with Joe Williams“ (Roulette, 1961) auch auf CD. Williams blieb bis in die Neunzigerjahre hinein aktiv (er starb 1999) und nahm 1966 auch noch ein Album mit der neuen Band auf, die Thad Jones gerade mit Mel Lewis gegründet hatte. In seiner Autobiographie schrieb Williams: „When you know the boss backs you up, you don’t have to play games. Basie’s band was a dream job.“
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