Antwort auf: Was liest der Forumianer im Moment?

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marbeckMir ist bei der Erwähnung von Fritz J. Raddatz der „Joethe“ wieder eingefallen. An was man sich nach fast 40 Jahren noch so erinnert.

Kein guter, weil lavierender Text von Gernhardt. Ich nehme Raddatz tatsächlich, aus der Lektüre der Tagebücher, ab, dass er sich mal richtigen Zuspruch gewünscht hätte. Der kam nur als Floskel: Ständig hörte er, nur er könne das Feuilleton leiten, und zwar nach seinem Rausschmiss durch die unselige Gräfin, tja, er hat offen gesagt, dass sie nie, wie sie behauptete, Widerstandskämpferin sei, Anwürfe gegen den blöden Schmidt, dem er trotzdem noch Geburtstagsblumen geschickt hat, usw. Die Rache, auch Gernhardts Text gehört dazu, war stärker. Das Schmähen. Sehr übel bei Wolfgang Harich, der R.s Marx-Buch völlig verrissen hat. Klar: Raddatz hatte ihn mal kritisiert und Harich? Raddatz liest in seinen Stasi-Akten, dass eben Harich ihn, Raddatz, in einem Verhör übelst verleumdet hat. Und diese Billig-Geschichte mit dem alten falschen Goethe-Satz. Das passiert, das passiert ständig, rausfliegt man nur, wenn das so sein soll und eine Gelegenheit sich bietet. Das ist das Üble. Eines von den vielen Übeln, von denen man in den Tagebüchern erfährt. Und mir geht es nicht um dieses Schmähen, ich finde es, wie @soulpope, nur unerträglich, und wenn Raddatz nicht diesen unermüdlichen Selbstzweifel hätte, würde ich ihm weniger glauben. Aber um auch einmal hämisch zu sein: Sein Urteil über Reich-Ranicki: der wisse rein gar nichts von Literatur, stimmt. Und das war der Literaturpapst oder so etwas. Fürchterlich. Dazu passt sehr gut die Nebenmeute Karasek und Löffler – wie es ihr bei den ZEIT-Hyänen vermutlich zu recht ergangen ist, kann man nachlesen. – Kurz: Mir ist diese Lektüre nah, bei allem Abstand, aber ich hätte ihn tatsächlich mal gerne gesprochen. Das, ein solcher Wunsch, passiert mir nicht oft. So sei mir die Eloge nachgesehen.

Ein Zusatz zu Reich-Ranicki, abseits von Raddatz: Wer sich nicht, um es mit R-R.s Thomas Mann zu sagen, entblödet, den „Törleß“ von Musil für wichtiger zu halten als den „Mann ohne Eigenschaften“, ist mindestens zynisch. Oder eben ohne Verstand. Pardon: Vernunft. Musil hat den „Törleß“ heruntergeschrieben, am „Mann ohne Eigenschaften“ saß er, nimmt man alles zusammen, fünfundzwanzig Jahre, ungefähr, bin zu faul das nachzusehen. Und dann kommt da ein Plapperer und – das muss man sehen – mischt sich einfach in ein anderes Leben ein.

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