Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Über die Klasse der Klassik › Konzertimpressionen und -rezensionen › Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen
Anonym
Registriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
gruenschnabel Ein Déjà-vu. War ja bereits ein paar (wenige) Male so, dass du deine Unzufriedenheit über mein Geschreibsel zum Ausdruck bringst und ich Probleme damit habe, dich dabei zu verstehen. Ich halte aber gerne ausdrücklich fest, dass meine Überlegung zum Aspekt der Suggestion sich offenbar nicht auf dein Posting beziehen lässt. Wenn du darin eine Unhöflichkeit gesehen hast, dass ich diesen Aspekt unter inhaltlich falschen Voraussetzungen aufgenommen habe, entschuldige ich mich gern. Mit Blick auf meine veraltete Ausdrucksweise kann ich leider nur hilflos deine Frage entgegennehmen. Ich schreibe, wie mir der grünschnabel gewachsen ist. Aber sicher nicht von Wagner geprägt – dafür habe ich, wie andere hier auch, einen zu großen Bogen um seine Schriften gemacht. Und ich gehe mal davon aus, dass eine Ausnahme davon, „Das Judenthum in der Musik“, nicht dasjenige sein kann, was in meiner Sprache widerhallt. Immerhin kann ich dir bei Punkt 2 womöglich folgen: Das ist ja ein Ding der Künste, dass sie einerseits ein gemeinsames Feld bilden, auf welchem sich auch Verfahren und Prinzipien der verschiedenen Gattungen überschneiden, und andererseits hat jede Gattung natürlich eigene Schwerpunkte und Tendenzen. Und wenn jemand sagt (ich habe verstanden, dass du das nicht getan hast), die Musik sei im Gegensatz zur Literatur eine dionysische Überwältigungskunst, dann böte sich Beispiel um Beispiel an, um eine solche Trennung der Künste zu widerlegen. Aber immerhin die Tendenzen sind unterscheidbar. Das Letzte verstehe ich wiederum gar nicht. Ich versuche mich daran zu halten, Menschen zu fragen, wenn ich etwas wissen möchte. Gypsy hatte mir hier heute dankenswerterweise eine Antwort auf meine etwas naiven Fragen zukommen lassen (habe ich allerdings erst nachträglich gemerkt, wie naiv sie waren). Ich weiß schlicht nicht, womit ich deiner Enttäuschung hätte vorbeugen können, gehe aber schwerst davon aus, dass sie nicht allzu tief sitzt.
Ja, gut, ich bitte Dich um Entschuldigung, wenn ich zuweilen zu direkt spreche. Das hat gewiss keine persönlichen Gründe, wie auch. Aber in der Sache, oder in den Sachen, verkürzt das direkte Sprechen unnötigen Aufenthalt, das ist inzwischen meine Meinung.
„Wagner“ ist hier ja nur eine Art Dachschindel, ein Dachdeckerwort für die Verführung, die in der Musik liegt, oder, ich bin vorsichtig, liegen kann. Das war Flurins Ausgangspunkt, darauf hatte ich geantwortet. Und ich sage ja nicht, dass ich Recht habe. Aber wenn wir auf dieses Terrain gehen, möchte ich eben doch meinen, dass die Musik die verführerischste der Künste ist (abgesehen vom Tanz und, wenn man das hinzunehmen möchte: vom Film). Du sprichst von Überschneidungen, von Feldern: Worin begründen die sich? Am Ende werden es womöglich Auskunftsmöglichkeiten (ich sage bewusst nicht: Ausdrucksmöglichkeiten) sein im Bathos (ja, Bathos, nicht Pathos) der Erfahrung von jedem von uns. Die sind verschieden, das gehört zum Weltgeplänkel. Aber beide Möglichkeiten sind aneinander geknüpft und das zeigt sich in der Sprache eben auch. Ich habe nicht gesagt: Dass Du wie Wagner sprichst, weil Du Wagner gelesen habest. Dass war ja das Elend und ist es immer, die einfache Übernahme von Sprechweisen, deren Ursprung keiner kennt. Ist heute auch nicht anders. Am „Wesenszug“ stört mich also die, da ist sie wieder, Suggestion, es gebe ein Wesen, eine Wahrheit, einen Kern. Von irgendwas. Und dieses Denken schließt ein, dass einer den Zugang zum Wesen usw. habe. Und diese Suggestion ist es, für deren Ansinnung (ich nehme jetzt dieses schönere Wort von Kant), Wagner ziemlichen Missbrauch betrieben hat. Er ist der Verführerischste unter den Verführern. Wenn wir bei unseren Leisten bleiben: Wer war damals da, warum ist die Geschichte nicht anders gelaufen, die immerselbe Frage? Brahms? Nein, er war zu nah. Mahler sehe ich als die Antwort, dann noch Bruckner, aber deutlicher war Mahler. Aber wenn wir so weitermachen, kommen wir auf Fragen wie Individual-, Kollektivstil usw. Darum geht es mir nicht. Ich brauche Wagner nicht, lieber sind mir nicht suggestive Wörter.
--