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Jarry Terrasson – Reach | Ich glaub damals fand ich das besser als das unbetitelte BN-Debut (überhaupt sein Debut, soweit ich weiss) – heute finde ich es etwas over the top, läuft halt fast alles nach dem gleichen Schema ab: zurückhaltender Einstieg, schneller Steigerungslauf (manchmal inkl. Beschleunigung), das alles mit dem reduzierten Klangideal des Trios: Ugonna Okegwo rifft, Leon Parker spielt an seinem reduzierten Kit – im Booklet ist es zu sehen: eine kleine Bass-Drum, ein Steh-Tom und ein Becken (kein Hi-Hat, keine Toms, das Becken ist wohl knapp gross genug, um als Ride durchzugehen, aber mittig platziert – links die Snare, rechts die Basstrommel, dazwischen der Ständer mit dem Becken) – vertrackte aber klanglich auch recht reduzierte Beats (er variiert natürlich den Klang gekonnt), während Terrasson darüber Riffs und Melodiefetzen auftürmt, die dann quasi im Nichts kulminieren. Ich höre heute vielleicht eine Verwandtschaft zu jemand wie Monty Alexander? Das ist fröhliche Musik, die nicht ohne Schattierungen daherkommt, aber vom Temperament her ist das schon sehr aufgestellt – und über die Schatten kann man ganz leicht hinweghören. Live war das wohl, wie sagt man, exhilarating? Berauschend, auch etwas atemlos, atemberaubend – ich hörte das Trio im Oktober 2000 live, da hatte Parker auf ein etwas grösseres Kit (mit ein paar Becken und einem Hi-Hat, nehme ich an, vielleicht auch noch ein oder zwei Toms) umgestellt und Okegwo war weitergezogen – wer sein Nachfolger war, weiss ich nicht mehr. Ich erinnere mich, dass das nicht mehr so tight und auf die Grooves aus war – was mich damals eher enttäuschte, aber im Rückblick neugierig macht, das Set mit heutigen Ohren nochmal zu hören (was theoretisch möglich wäre, es wurde vom Radio mitgeschnitten).
Ein PS nachgeschoben: Interessanterweise finde ich, dass das Album hintenraus wächst und wächst – und das liegt an der Variation: eine Ballade, die nicht zum Steigerungslauf wird, ein Bass-Solo, und dann sind auch die Grooves wieder ganz grosse Klasse! Die letzten vier Tracks, nach dem langen Titelstück in der Mitte des Albums – sehr, sehr gut!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #167: Jazz-Neuheiten 2025 - 11.11., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba