Re: THE ROLLING STONES – DVD-Set "Four Flicks"

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j-w
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maximum rhythm & blues

Registriert seit: 09.07.2002

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So Leute jetzt wird’s ernst.
Ich habe das Teil seit heute.
Und ich habe mir als erstes die Theatre-Show aus Paris komplett angeschaut.
Und ich habe relativ ausführlich nebenbei meine Eindrücke festgehalten. Unten im DVD-Player wartet schon der MSG auf mich.
Aber eins nach dem anderen, I’ll keep you posted! :D

Paris-Olympia:
Start me up kommt gut als Opener, die Band scheint gut in Form zu sein, der Sound klingt original, da scheint scheint nicht großartig nachträglich editiert worden zu sein, so klang die Band anno 03 wirklich.
Live with me folgt und dieser Song kommt in den letzten 10 Jahren, in denen er immer wieder mal gespielt wurde, bei weitem nicht an das Arrangement aus den Mick Taylor-Jahren heran. Es rumpelt, der Bass von Darryl Jones geht im Sound komplett unter (generelles DJ-Problem: völlig unprägnanter Bass-Sound, keine Ahnung warum ausgerecht er Wyman vertreten muss, ein deutlicher Abstieg im Gruppensound.).
Dann kommt Neighbors und das rumpelt dafür wunderbar Rock’n’Rollig. Der Song scheint der Band Spaß zu bringen, das kann man so machen!
Hand of Fate, geht dagegen völlig im Soundbrei zwischen Bassmatsch, Digitalpiano und den Gitarren unter. Woodie spielt ein völlig belangloses Solo, ein Jammer, das Solo auf der Originalversion ist absolut großartig und auch wenn es von Wayne Perkins gespielt wurde, es liegt eigentlich nah an Woodies Stil, das könnte man viel besser machen!
Aber dann: No Expectations – absolut großartig! Woodie an der akkustischen Lapsteel spielt sehr feine Slidelicks, Keith bringt eine tolle Gitarre dazu – ganz große Klasse!
Und es geht gut weiter: Worried about you, schon der dritte Song von „Tattoo you“! Feine Version, es fehlt zwar die stoisch durchgeschlagene Rhythmusgitarre der Studioversion, aber das ist verschmerzbar – Mann da wäre ich gern dabei gewesen!
Es folgt Heartbreaker, angenehm klar und sauber gespielt (das ist bei dem Song leider nicht immer so!), aber der Funke springt nicht richtig über.
Als nächstes kommt dafür eine fantastische Version von Stray Cat Blues, mit einem Mega-Bass-Solo von DJ. Erstmals fällt der Mann richtig positiv auf! Dance folgt, toller Livetrack, dass der noch nie zuvor auf die Bühne gebracht wurde, ist unverständlich – die Stones sind als Groovetruppe an einem guten Abend nämlich unwiderstehlich! Everybody needs somebody to love kommt mit den Blues-Brothers-Bläsersätzen als Partytrack goldrichtig um die Stimmung oben zu halten. Es zeigt sich dabei dass die Stones mittlerweile besser klingen wenn sie ihr altes Soundgewand, der von zwei Gitarren getragene Rock’n’Roll-Sound weglassen und stattdessen Blues, Soul, Country oder gar Funknummern spielen. Zumindest klingen sie in dieser Besetzung mit DJ und Chuck Leavell an den Tasten besser so. Schade für die klassischen Rocknummern, gut für die anderen Tracks. Auch bei dem nächsten Lied That’s how strong my love is wird das deutlich. Sehr, sehr schöne Musik wird da geboten! Keith spielt auf der Nummer eine Stratocaster, ein sehr seltener Anblick, diesen Gitarrenklassiker hat er bisher immer gemieden.
Nebenbei mal angemerkt: Am energetischsten (für seine Verhältnisse!) wirkt Charlie Watts, der mit viel Leidenschaft seine Trommeln bearbeitet und dabei ungewohnt kraftvoll wirkt.
Going to a go-go setzt die Soulparty fort, so könnten die Stones endlos weitermachen, kein Mensch würde nach Brown Sugar oder Honky Tonk Woman rufen!
Als nächstes bringt Keith The nearness of you und gibt sich dabei mehr Mühe als oftmals mit seinen eigenen Songs, sehr geschmackvolle Angelegenheit, glücklicherweise ganz ohne „Losing my ta-hatsch“. Dafür gibt es dann von ihm ein Gitarrensolo, dass Woodies Bemühungen auf diesem Terrain mal ganz nebenbei in die Schranken weist.
Danach gibt’s Before they make me run mit Keith als Hampelmann, der glaubt er wirke besser wenn er nur ab und zu einen Gitarrenakkord spielt und die restliche Zeit gestikuliert. Ein Irrtum. Das Hampeln sollte er mal Jagger überlassen, der kann da besser. Das erste klassische Solo von Woodie geht wieder in belanglosen Country-Licks unter, aber dafür gibt’s am Ende noch mal ein sehr schönes Solo, wo er für kurze Zeit sein Potential andeutet. Warum so selten?
Jagger sprint von hinten nach vorn und die Soultrain kommt mit Love train wieder in Fahrt, Keith spielt noch eine weitere Strat, nanu hat der von Fender ein paar Sondermodelle bekommen oder was ist los?
Es folgt Respectable und hier kriegen sie ihren guten Rock’n’Roll-Sound wieder hin! Gute Abstimmung der beiden Gitarren und dem Klavier und da rollen die Stones wieder richtig klasse! Sie können es also doch noch. Yeah!
Nun kommt doch noch Honky Tonk Woman und Keith verpatzt seinen Part vor lauter coolem Rumgepose auch angenehmerweise nicht (habe ich oft genug erlebt!) und dann kommt der Song auch sehr angenehm in Fahrt, Keith übernimmt das Solo, das heißt es ist auch ein Solo zu hören (Woodie ist ja auch fast immer zu leise bei seinen Soli), Chuck Leavell hat auch noch sein Solo, und Keith klimpert nicht wie vor ein paar Jahren noch dazwischen – sehr angenehm, überhaupt kommt der Song ohne dicke-Titten-Show von Puppen oder Leinwand sehr schön abgespeckt und auf den Punkt gespielt. Fein.
Und als hätte ich’s geahnt, es folgt Brown Sugar, leider ist das Klavier (wie auch auf den Konzerten auf denen ich war) viel lauter als die Gitarren, und das find ich nicht gut. Nee nee nee! Woodie kaspert rum anstatt schöne Leadlicks zu spielen, da merkt man eine gewisse Sattheit, man spielt nicht mehr um den Song nach vorne zu bringen, sondern um sich zu präsentieren. „Yeah, yeah, yeah – Wooooohhh!“ bis zum geht-nicht-mehr: Kennt man.
Die Zugabe kennt man auch: Jumpin’ Jack Flash, beherzt gespielt, Keith trägt den Song, Woodie ist nicht zu hören (spielt wohl auch nicht viel), Jagger jaggert jaggermäßig ab und der Song hört und hört einfach nicht auf.
Irgendwann dann überraschenderweise doch, die Band verbeugt sich, Haus gerockt, Wölfer unter’m Strich begeistert. Vor allem die Soulstücke zeigen die Band von ihrer besten Seite. Endloser Neid in Richtung der Auserwählten, die eine der Theatre-Shows sehen durften, da wäre ich auch sehr gern gewesen! (*****)

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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue