Antwort auf: john lenwood "jackie" mclean

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gypsy-tail-wind
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Meine Eindrücke bezüglich Jackie McLeans Blue Note-Alben haben sich im Lauf des letzten Frühlings ein wenig verschoben, die Alben von 1963-66 sind mir noch wichtiger geworden, die letzten von 1967 haben auch ein wenig zugelegt – dafür haben andere, die ich früher mehr mochte („Jackie’s Bag“, „Bluesnik“) etwas verloren. Allerdings habe ich das alles nur als fortlaufenden Kommentar im Hörfaden vermerkt und danach halt in Listenform summiert.

Damit das nicht wieder passiert, ein paar kurze Zeilen zu den drei Steeplechase-Albumpaaren von Jackie McLean. Das erste bzw. früheste „Dr. Jackle“ und „Tune Up“, dokumentiert einen Abend in der legendären Left Bank Jazz Society bei Baltimore. McLean hat kommt im Quartett mit Lamont Johnson (as), Scotty Hold (b) und Billy Higgins (d). Die Aufnahme klingt dreckig, was den Eindruck der Atemlosigkeit vielleicht noch verstärkt. McLean ist jedenfalls in Form und die Rhythmusgruppe extrem tight, eine bestens abgestimmte Groove-Keimzelle. Solistisch dominiert McLean das Geschehen, legt Stück für Stück Zeugnis ab, während Johnson/Holt das Geschehen vor sich her treiben. Higgins klingt – das hat vielleicht mit dem Klang zu tun, aber sicher auch mit der Atmosphäre, die hier dokumentiert wird – weniger luxuriös glänzend über allem stehend sein Ding durchziehend – das soll keine negative Kritik sein, er bringt ja bei praktisch jeder Session, bei der er mitwirkt, wahnsinnig viel ein, gerade auch was die Stimmung angeht. Mich dünkt hier aber, dass er sich viel tiefer in die Musik eingräbt als bei ihm sonst üblich, dass er quasi von Innen heraus mitspielt, sich mit Johnson und Holt sehr eng verzahnt und auch McLean, der einen Groove reiten kann wie wenige andere. Das Ergebnis ist eine zugleich sehr kompakt wirkende, aber auch sehr offene Musik – die Stücke dauern oft über zehn Minuten, „Little Melonae“ oder „Smile“ sind für meine Ohren unter den Highlights (die CD von „Dr. Jackle“ enthält noch „Jossa Bossa“ aus Don Moores Feder, das Stück bricht am Ende ab, vermultich lief halt das Band aus und drum war’s vielleicht auch nicht auf den LPs?).

Runde zwei sind zwei Alben im Quartett mit Kenny Drew (p), Alex Riel (d) und Bo Stief bzw. Niels-Henning Ørsted Pedersen (b). Das erste der Alben, „Live at Montmartre“, war zugleich die erste Steeplechase-Produktion, noch im Jahr 1972 erschienen, aus dem auch die Aufnahme stammt. Drew ist hier schlecht eingefangen, bringt der Musik aber dennoch viel, dünkt mich: einen sehr dunkel getönten Kitt, der zwischen den skandinavischen Rhythmikern und dem Leader vermittelt. Riel klingt auf dem ersten Alben da und dort etwas zögerlich, NHOP ist der bessere Bassist (er bietet auch als Solist sehr viel) – und dennoch, und auch trotz des viel ausgewogeneren Klangbildes, ist das zweite, 1973 ebenfalls live im Montmartre mitgeschnittene Album, eine Spur weniger gut. Drew ist hier zwar viel besser zu hören, Riel dreht richtig auf, und eben: der Bass kickt auch nochmal anders – aber die Stimmung war bei der Aufnahme des ersten Albums im Sommer 1972 nach ca. fünf Jahren Aufnahmepause vermutlich in so vielerlei Hinsicht (auf)geladen, dass das Ergebnis für meine Ohren zwingender ausfällt – und nur wenig hinter McLeans besten Alben von Mitte der Sechziger zurücksteht. Die beiden Stücke der A-Seite wurden übrigens für die LP deutlich gekürzt. Eins von ihnen ist auch hier wieder Charlie Chaplins „Smile“.

„Smile“ ist eine gute Überleitung zur dritten Runde – und es ist echt schade, dass das Stück hier nicht erneut eingespielt wurde, denn Dexter Gordon, der hier zur Band von „A Ghetto Lullaby“ stösst, hat eine der schönsten Aufnahmen davon gemacht (auf „Dexter Calling“ zu finden, dem 1961er Album auf Blue Note, bei dem auch Kenny Drew am Klavier sitzt). McLean und Gordon ergänzen sich, finde ich, ganz hervorragend: beide verfügen über einen grossen, satten Ton, beide haben eine sehr persönliche, ja unverwechselbare Phrasierung – und bei McLean kommt natürlich noch die Intonation dazu, die bei Gordon fadengrad ist. Die Aufnahmen für „The Meeting“ und „The Source“ entstanden am 20. und 21. Juli, während „A Ghetto Lullaby“ am 18. und 19. aufgenommen wurde. Wir hören die Musiker also bei einem längeren Engagement … und die CDs enthalten wieder ein paar Extra-Tracks: auf Vol. 1 gibt es mitten drin Drews „Callin'“, auf Vol. 2, ebenfalls zwischen den einstigen LP-Seiten programmiert, einen 19minütigen Alternate Take von „On the Trail“ und einen ganz kurzen von „The Closing“ (aka „The Theme“), das auch am Ende des Albums ebenso kurz zu hören ist. Musikalisch ist McLean hier etwas konservativer unterwegs als auf seinen eigenen Alben – „back to bebop“, schreibt Mark Gardner in den Liner Notes zu Vol. 2, wäre ein passender Untertitel für das Album gewesen. Feuerwerke von den beiden Bläsern, eine hellwache, reaktionsfähige und gut eingespielte Rhythmusgruppe dahinter, die auch solistisch was zu bieten hat, für sich allein aber mehr nach Hard Bop klingt – in Drews Soli wird es gerne mal funky, was ich im Kontext durchaus bereichernd empfinde. Zu den Highlights zählen auf jeden Fall die zwei Versionen von „On the Trail“ und das brennende „Half Nelson“, mit dem Vol. 2 öffnet (Riel on fire).

Jackie McLean im Jazzhus Montmartre, Copenhagen, 1973 (Foto von Ib Skovgaard/JP Jazz Archive/Getty Images):

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