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stormy-mondayWunderbare Worte, Wahr. Tatsächlich wäre es mir vermutlich mit den späten Platten ähnlich ergangen, wäre ich älter. So war ich Ausgang der 60-er halt 13 und Dylan war eine explosive Erfahrung für mein ganzes Leben. Bis auf Blood on the Tracks ist deswegen auch nix in meiner Top 10, wiewohl ich auch alles Folgende bis zum Alterswerk schätze.
Danke für die Blumen. Ich kann nachvollziehen, dass solche frühen „explosiven Erfahrungen“ dann einfach ein Leben lang wirken. Bei mir ja eigentlich nicht anders, nur eben später.
Es ist daher sicher schwer für mich, Dylans Spätwerk von meiner Geschichte getrennt zu beurteilen, glaube aber, dass er da nochmal Tableaus erreicht hat, die er vorher vielleicht nur angedeutet hat: Die Gesamtheit der amerikanischen Musikkultur, ihre Verzerrungen von Shakespeare und antiken Dramen genauso ernst zu nehmen wie Shakespeare und antike Dramen selbst. Dann das Ganze zu mixen, als würde alles zeit- und ortsgleich passieren – Hank Williams, Charlie Patton, Shakespeare, John Lennon, die Ermordung von JFK und der Untergang der Titanic mit Homer an Bord, am Ufer des Mississippi anlegend, Erinnerungen an die japanische Mafia aus Romanzitaten im Schlepptau, während die ruhelosen Geister des American Civil War Blut spuckend über die grünen Felder wandern, und was weiß ich noch alles, was ich selbst hier gerade miteinander verschränke, weil ich es bei Heinrich Detering gelesen habe.
Dazu diese blendende Band, die 5000 Jahre alte Akkorde aus dem Reich der Toten erweckt, und die alles spielen kann, wirklich alles, die traurigsten Elegien, die sparsamsten Begleitungen und auch große, alte Rocker. Da hat sich in den letzten 20 Jahren nochmal ein Panoptikum aufgebaut, in das Dylan vollkommen eingeht. Als hätte er es jetzt endlich geschafft, sich in seine Figuren einzureihen und nicht mehr aus ihnen heraustreten zu müssen. Ganz groß, kann ich nicht anders sagen.