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jesseblueDass die Track/Song-Thematik fast religiöse Züge angenommen hat, ist bekannt. Eine Aufnahme/Darbietung eines Songs wird Track genannt. Somit ist das Hörbare ein Track. Wie können wir also nach dieser Definition Songs bewerten, wenn wir lediglich Interpretationen (also Tracks) der Songs kennen? Springsteen schreibt Songs, ja. Aber all das, was wir kennen, hören und bewerten, sind letztendlich Tracks. Songs finden demnach nur auf Notenpapier statt. Oder? O-d-e-r ? ODER?
Der Song, das sind der Text und die Melodie (und meistens auch die Akkorde), die man auf Papier notieren kann und die – das ist der wichtigere Aspekt – in der Regel bei jeder Version gleich, ähnlich oder jedenfalls wiedererkennbar bleiben. Blowing in the wind ist immer mehr oder weniger eindeutig Blowing in the Wind.
Der Track ist die konkrete Realisierung mit einem bestimmten Sänger oder einem ganz anderen (Bob Dylan oder Peter, Paul and Mary), einem bestimmten Arrangement oder einem komplett anderen (Lagerfeuerstyle oder Full-Band-Orkan), einem bestimmten Aufnahmesetting oder einem vollkommen anderen (Demo, Live, Studiocracks-Realisierung).
Die Unterscheidung ermöglicht Aussagen wie: „Sex Machine hat keine Melodie und einen ziemlichen Nonsense-Text, da ist kaum ein Songkern identifizierbar, aber die Musik ist halt trotzdem affengeil, wenn eine Band mit James und Bootsy sich drüber hermacht.“ Oder: „Blowing in the wind ist ein derart textlich berührender und melodisch eingängiger Song, dass ihn nichtmal die katholischen Pfadfinder am Lagerfeuer komplett kaputtkriegen.“ Oder: „Ich finde Growing up als Song nur ganz okay, melodisch keine Offenbarung, textlich wirr dylan-epigonal – aber die Live-Version von Bruce 75-85 ist unwiderstehlich. Kein großer Song, aberein grandioser Track.“
Ich kann gut damit leben, wenn jemandem die Unterscheidung unwichtig ist. Aber alle, die diese analytische Differenzierung für sinnvoll erachten, als religiöse Eiferer zu schmähen, wäre – Entschuldigung, niemand muss sich angesprochen fühlen – ein Ausweis von Strohdummheit.
Und hiermit schwöre ich beim Holzbein meines Piratenonkels, mich zu diesem Thema nie wieder zu äußern, und beschränke mich auf einen letzten Satz: Song hin, Track her, die Springsteen-Umfrage ist spannend und macht Spaß, danke @kinkster!
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