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Neues aus der Welt (News of the World, Paul Greengrass, 2020)
Der Kinobesuch war hier schon fest eingeplant, denn Helena Zengel hat mich in Systemsprenger schon mehr als beeindruckt. Außerdem mag ich ja Western sehr, und auch Tom Hanks und Paul Greengrass haben in ihrer Karriere durchaus ein paar Filme gemacht, die ich gerne gesehen habe. Große Vorfreude also bei mir auf diesen Film, die dann von der Pandemie schon etwas getrübt wurde, denn natürlich gehören Bilder der texanischen Landschaften auf eine große Leinwand.
Leider stellte sich beim Schauen heraus, dass das Format meines Fernsehers nicht das größte Problem des Films ist. Ich will gar nicht darüber meckern, dass Hanks Rolle und wie er sie anlegt gelinde gesagt wenig überraschend ist. Man mag seine Rollen eintönig finden, aber wenn es funktioniert, ist mir egal, das er immer wieder sehr ähnliche Charaktere spielt. Bedauerlicher fand ich, dass Zengel hier ein Mädchen spielt, das immer wieder Mal an ihre Bennie aus Systemsprenger denken lässt. Ich hoffe, dass sie sich zukünftig nicht auf diesen Rollentyp festlegen lassen wird.
Was dem Film aber wirklich schadet, ist seine Unglaubwürdigkeit. Beispiele dafür:
Die Gespräche zwischen Kidd (Hanks) und Johanna (Zengel) wirken übermäßig konstruiert, selbst wenn man außer Acht lässt, dass diese Dialoge trotz einer fehlenden gemeinsamen Sprache geführt werden.
Sämtliche Antagonisten sind offensichtlich reine Klischees, die nur auftauchen, um bestimmte Probleme zu thematisieren, die Amerika bis heute bewegen. Das ganze ist so oberflächlich, dass sich die berühmte Frage Was will uns der Künstler damit sagen? keine Nanosekunde stellt. Plakatwände mit Rassismus ist doof wären subtiler gewesen als Greengrass Inszenierung.
Das betrifft aber nicht nur die Botschaften, die der Film vermitteln will, auch die Geschichte ist schon auf der Bild- und Tonebene so altbacken erzählt, dass der Zuschauer beispielsweise beim ersten Frame, in dem Almay (Michael Angelo Covino) zu sehen ist, weiß dass dieser ein Schurke ist und es auf Johanna abgesehen hat. Wenn die Figur John Calley (Fred Hechinger) eingeführt wird weiß man, welche Funktion er haben wird (durch das Töten eines Möchtegern-Königs rettet er unsere Helden und nimmt Rache für seinen Bruder). Das ist so flach, dass man als Zuschauer tatsächlich nicht glaubt, eine echte Geschichte erzählt zu bekommen, sondern ein reines Lehrstück, eine Fabel.
Dass man nebenbei das Gefühl hat, dass Hanks niemals einen echten Sandsturm erlebt hat, wenn er im Film damit konfrontiert wird, wird da schon zur Nebensache.
Fazit: da wurde viel Potenzial verschenkt.
BTW: Da der Film wie gesagt u.a. Rassismus thematisiert, fände ich es spannend zu erfahren, wie die Darstellung der Kiowa von native americans bewertet wird.
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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame